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Industriestrompreis auf der Kippe: Zieht die EU Merz‘ wichtigsten Stromplänen den Stecker?

Industriestrompreis auf der Kippe: Zieht die EU Merz‘ wichtigsten Stromplänen den Stecker?

Industriestrompreis auf der Kippe: Zieht die EU Merz‘ wichtigsten Stromplänen den Stecker?

Die Europäische Union bringt eines der zentralen wirtschaftspolitischen Versprechen von Kanzler Friedrich Merz (CDU) ins Wanken. Foto: picture alliance/dpa | Jacob Schröter
Die Europäische Union bringt eines der zentralen wirtschaftspolitischen Versprechen von Kanzler Friedrich Merz (CDU) ins Wanken. Foto: picture alliance/dpa | Jacob Schröter
Die Europäische Union bringt eines der zentralen wirtschaftspolitischen Versprechen von Kanzler Friedrich Merz (CDU) ins Wanken. Foto: picture alliance/dpa | Jacob Schröter
Industriestrompreis auf der Kippe
 

Zieht die EU Merz‘ wichtigsten Stromplänen den Stecker?

Die Bundesregierung will stromintensive Betriebe entlasten – doch Brüssel stellt sich quer. Der Industriestrompreis droht zu scheitern. Für Merz und Reiche steht mehr als nur ein wirtschaftliches Prestigeprojekt auf dem Spiel.
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BERLIN. Die Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) hat die Einführung eines subventionierten Industriestrompreises zu einem zentralen wirtschaftspolitischen Vorhaben gemacht. Die EU droht nun, das Projekt zu kippen. Das geht aus einer als „Verschlußsache“ eingestuften Vorlage des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, über die das Handelsblatt zuerst berichtete. 

Demnach sei die Einführung eines staatlich vergünstigten Strompreises für energieintensive Betriebe aus Sicht der Brüsseler Wettbewerbshüter „höchst problematisch“. Das Wirtschaftsministerium von Katherina Reiche (CDU) warnt selbst vor „erheblichen beihilferechtlichen Herausforderungen“. Die Vorbehalte in Brüssel seien „erheblich“, die Aussichten auf eine Genehmigung „höchst unsicher“. 

Mit dem sogenannten Industriestrompreis will die Bundesregierung den durchschnittlichen Strompreis für bestimmte Unternehmen von derzeit rund 16 Cent je Kilowattstunde auf fünf Cent drücken. Der Staat würde die Differenz aus Steuermitteln ausgleichen – bis zum Jahr 2030 mit einem geschätzten Volumen von zehn Milliarden Euro. 

EU will gegen Wettbewerbsvorteile vorgehen

Ziel des Projekts ist es, energieintensive Branchen wie Stahl, Chemie, Glas und Papier vor der schleichenden Abwanderung zu schützen. Die seit Jahren hohen Energiepreise – insbesondere durch den Ausstieg aus Kernkraft und Kohle sowie steigende CO₂-Kosten – haben die Wettbewerbsfähigkeit vieler deutscher Industriebetriebe massiv geschwächt. Zahlreiche Unternehmen verlagern Produktionsteile ins Ausland oder stoppen Investitionen in Deutschland. 

Der Industriestrompreis soll aus Sicht der Koalition aus CDU/CSU und SPD ein Signal sein: Deutschland will wieder ein verläßlicher Standort für industrielle Produktion sein. Doch die Genehmigung durch die EU-Kommission ist Voraussetzung – und sie steht auf der Kippe. 

Das EU-Beihilferecht soll verhindern, daß finanzstarke Staaten wie Deutschland sich durch massive Subventionen Wettbewerbsvorteile verschaffen. Genau diesen Vorwurf sehen Kritiker bestätigt: Ein deutscher Industriestrompreis würde energieintensive Betriebe in anderen Mitgliedstaaten strukturell benachteiligen – gerade in kleineren Volkswirtschaften, die sich derartige Stützungsmaßnahmen schlicht nicht leisten können. 

Besonders kritisch äußerten sich bereits die Benelux-Staaten, Dänemark, Spanien, Italien und Österreich. Sie fürchten eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten Deutschlands und ein „staatliches Unterbieten“ im innereuropäischen Strommarkt. Frankreich hingegen könnte ein potentieller Bündnispartner sein – dort läuft ein ähnliches Modell aus, Paris sucht bereits nach Nachfolgelösungen. 

Auch unter der neuen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) setzt die Wirtschaft ihren Tiefflug fort.
Auch unter der neuen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) setzt die Wirtschaft ihren Tiefflug fort. Günstiger Strom sollte die Industrie ankurbeln. Foto: picture alliance / SVEN SIMON | Frank Hoermann

Die Zeit drängt massiv

Brisant: Die EU-Kommission arbeitet derzeit an einer Reform des Beihilferahmens. Die Konsultationen sind abgeschlossen, der neue Rahmen soll im Juni verabschiedet werden. Eine nachträgliche Anpassung speziell für den deutschen Industriestrompreis wäre nur mit erheblichem politischem Druck und einer breiten diplomatischen Offensive möglich. Das Ministerium rät daher zu einer schnellen und abgestimmten Strategie. 

Zudem sind wichtige Details ungeklärt: Die EU verlangt eine klare Definition des Marktversagens – also einen konkreten Nachweis, daß der Staat eingreifen muß. Die Argumente der Bundesregierung – Abwanderungsgefahr und mangelnde Planungssicherheit – wurden bisher von Brüssel nicht anerkannt. 

Auch fehlt bislang ein Enddatum für die Subvention. Die Beamten schlagen vor, den Industriestrompreis zunächst bis 2035 zu befristen. Klar ist: Ohne massive politische Flankierung – insbesondere durch das Kanzleramt und das Finanzministerium unter SPD-Chef Lars Klingbeil – dürfte das Projekt keine Chance haben. 

Für Wirtschaftsministerin Reiche ist die Entwicklung ein schwerer Rückschlag. Noch vor wenigen Wochen hatte sie angekündigt, den „Fokus der Energiepolitik zu korrigieren“ – weg von einseitigem Klimaschutz, hin zu Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit. Der Industriestrompreis sollte das Symbol dieser neuen Linie sein. Doch nun droht das Prestigeprojekt an den Realitäten europäischer Politik zu scheitern. Eine offizielle Stellungnahme des Ministeriums steht aus. (rr) 

Die Europäische Union bringt eines der zentralen wirtschaftspolitischen Versprechen von Kanzler Friedrich Merz (CDU) ins Wanken. Foto: picture alliance/dpa | Jacob Schröter
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