Mit der Straßenbahn hin, rein ins Terminal und ohne lange Wartezeit ins Flugzeug und dann am Plattensee, den Stränden des Mittelmeers, des Schwarzen oder Roten Meers aussteigen. Oder einfach das Auto für überschaubare Kosten direkt an der Abflughalle parken und via Frankfurt, München, Düsseldorf oder Zürich in die ganze Welt reisen: „Dresden ist der Flughafen mit den kurzen Wegen und den netten Menschen. Ich habe nur Leute getroffen, die lächeln und ’ne gute Stimmung verbreiten.“ So schwärmt Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) von Dresden-Klotzsche, einem auch für Berlin, Leipzig, Prag oder Breslau unverzichtbaren Ausweichflughafen, den es aber nicht mehr geben soll.
Denn er wird – wie die Deutsche Bahn oder städtische Verkehrsgesellschaften – vom Steuerzahler subventioniert. Betreiber der Flughäfen Dresden und Leipzig/Halle ist die vor 25 Jahren gegründete Mitteldeutsche Flughafen AG (MFAG), an der Sachsen 77,29 Prozent und Sachsen-Anhalt 18,54 Prozent der Anteile halten. Den Rest halten die drei Städte. Leipzig war 2024 mit 1,39 Millionen Tonnen – nach Frankfurt (2,05 Millionen Tonnen) – dank der Erlaubnis für Nachtflüge immerhin der zweitgrößte heimische Luftfrachtflughafen (28,3 Prozent des gesamten deutschen Cargo-Aufkommens). Und das, obwohl Amazon Air sein Logistikdrehkreuz Leipzig 2023 endgültig geschlossen hat. Der einstige Regierungsflughafen Köln/Bonn landete mit 845.629 Tonnen nur auf Rang 3.
Aber bei den Flugpassagierzahlen lag Leipzig (903.771) im ersten Halbjahr 2025 bundesweit knapp hinter Bremen nur auf Rang 16 – Dresden (383.955) kam nur auf Rang 18 von 37 Verkehrsflughäfen insgesamt. Und das ist schlecht für die öffentlichen Kassen. Bereits vor anderthalb Jahren war aufgrund der anhaltenden Defizite im zweistelligen Millionenbereich ein Sanierungsplan erarbeitet worden, der vor allem Personaleinsparungen vorsah, also bei den „netten Menschen“, die das Herz von Kretschmer so erwärmten. Allein in der Verwaltung sollen bis Ende 2026 etwa 250 Stellen wegfallen. „Wenn wir klug investieren und die besonderen Standortvorteile weiterentwickeln, kann von Dresden viel Positives ausgehen – für die Wirtschaft, für die Menschen und für die Region“, findet MFAG-Vorstandschef Götz Ahmelmann.
Der Ukraine-Krieg ändert alles
Die MFAG wirbt weiterhin mutig mit dem Slogan „Ein Standort mit Geschichte und Zukunft“ für den am 11. Juli 1935 eröffneten Flughafen Dresden der sächsischen Landeshauptstadt. Aber Sachsen-Anhalt will nicht mehr. Man wolle sich nicht länger an den Verlusten, die durch den Flughafen Dresden verursacht werden, beteiligen, so Landesfinanzminister Michael Richter (CDU) im Landtag in Magdeburg. Spätestens ab 2027 sei man raus. Immerhin konnte die akute Finanzkrise 2024 noch einmal durch neue Bankkredite und Zuschüsse der Gesellschafter behoben werden. Die Schließung der Finanzlücke von 145 Millionen Euro sichert den Flugbetrieb vorerst bis 2026. Sachsen pumpt zwischen 2024 und 2026 rund 100 Millionen Euro an Steuergeldern in die Gesellschaft, davon stehen allein 77 Millionen im aktuellen Haushalt.
Wie es 2027 weitergeht, steht unter EU-Vorbehalt der EU. Denn Dresden ist nicht der einzige europäische Airport, dem es wirtschaftlich gesehen schlecht geht. Etwa die Hälfte der deutschen Flughäfen arbeitet nicht kostendeckend. Und damit soll, so die EU-Kommission, endlich Schluß sein. Zwar gelten regionale Flughäfen als eine wesentliche Säule der Verkehrsinfrastruktur, weil sie die Regionen mit nationalen und internationalen Wirtschaftszentren verbinden, den Tourismus fördern und Geschäftsreisen ermöglichen. Und seit dem Ukrainekrieg sind – wie im Kalten Krieg – geostrategische Überlegungen wieder hingekommen [?].
Die Luftwaffe könnte Flächen nutzen
Überdies sind Regionalflughäfen in Flächenländern wie Finnland, Frankreich, Schweden und Spanien oder im griechischen Inselreich oft die einzige schnelle Verbindung zur Außenwelt, andererseits ebenfalls häufig defizitär. Denn während die Unterhaltungskosten konstant steigen, schwankt die Anzahl der angebotenen Flüge und damit der Passagiere. In Deutschland stehen 37 Flughäfen auf der Liste der Verkehrsflughäfen. Und die meistfrequentierte innerdeutsche Verbindung ist die zwischen München und Hamburg, gefolgt von Flügen von Frankfurt nach Berlin, Hamburg und München sowie von München nach Berlin, Düsseldorf, Köln/Bonn, Hannover und Bremen.
Während internationale Drehkreuze wie Frankfurt (29,1 Millionen Passagiere im ersten Halbjahr) und München (19,8 Millionen) von Skaleneffekten profitieren und hohe Einnahmen durch Gebühren und Einzelhandelsflächen generieren, fehle dies kleineren Flughäfen oft, so der Flughafenverband ACI Europe in Brüssel. Das sei eine Ursache dafür, daß viele Flughäfen ohne staatliche Unterstützung nicht profitabel betrieben werden könnten. In einer Stellungnahme an die EU-Kommission fordert der ACI, die bisherigen Subventionen auch für Flughäfen mit weniger als drei Millionen Passagieren pro Jahr – wie Dortmund (1,48 Millionen Passagiere), Münster/Osnabrück (509.598), Paderborn/Lippstadt (267.350) oder Friedrichshafen (79.118) – weiterhin zu ermöglichen.
Ein Rückgang der Flugverbindungen hätte nicht nur negative wirtschaftliche Folgen für die jeweiligen Regionen, sondern könnte auch zu einer verstärkten Landflucht und wirtschaftlichen Abkopplung führen. Und im Ernstfall könnte auch die Luftwaffe der Bundeswehr die durch Steuergeld bereitgehaltenen Regionalflughäfen nutzen.