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EU-Politik: Die Brüsseler Bürokratie wächst weiter

EU-Politik: Die Brüsseler Bürokratie wächst weiter

EU-Politik: Die Brüsseler Bürokratie wächst weiter

Das Bild zeigt einen riesigen Aktenstapel. Es ist ein Symbolbild für die Bürokratie in der EU.
Das Bild zeigt einen riesigen Aktenstapel. Es ist ein Symbolbild für die Bürokratie in der EU.
Ein dicker Aktenordner im Büro: Die Bürokratie in der EU ufert immer weiter aus. Foto: picture alliance / Ulrich Baumgarten | Ulrich Baumgarten
EU-Politik
 

Die Brüsseler Bürokratie wächst weiter

Journalisten veröffentlichen einen Entwurf zur EU-Ratspräsidentschaft von Zypern. Was dort steht, ist beunruhigend: kein Bürokratieabbau – sondern „weiter so“. Die Leidtragenden sind dabei die Bürger.
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Emmanuel Macron, Giorgia Meloni, Friedrich Merz und weitere 16 Staats- und Regierungschefs sendeten einen Brandbrief nach Brüssel. Adressat: Der sozialistische Ratspräsident António Costa, in Kopie die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, die eigentlich Verantwortliche. Der Inhalt: Schluß mit den Überregulierungen. Befreiung der Mittelständler von der Endlosliste an Berichtspflichten. Stattdessen Konzentration auf das Wesentliche: die Wiederherstellung von Verteidigungsbereitschaft und Wettbewerbsfähigkeit, Deregulierungen und die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.

Doch aus der Brüsseler Blase gab es die üblichen Lippenbekenntnisse. Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR 23/1115), die für jedes Brett, jeden Ballen Druckpapier, für Verarbeiter und Händler von Vieh, Kakao, Kaffee, Palmöl und Kautschuk den detaillierten Nachweis verlangt, nichts sei auf gerodetem Grund gewonnen, wird nur für Kleinbetriebe auf Ende 2027 verschoben. Eine linke Zufallsmehrheit im EU-Parlament kippte zudem die Vereinfachung der teueren Nachhaltigkeitsregelungen. Beim künftigen digitalen Führerschein gibt es bei Alkohol am Steuer ein EU-weites Fahrverbot.

Keine Bürokratie in allen Bereichen des Lebens

Nach einer neuen Verordnung müssen nicht nur Industrie und Handel, sondern auch Haushalte ihren Müll um 30 Prozent reduzieren. Die EU-Bürger dürfen ab Januar nach der Biozid-Verordnung keine Ratten mehr selbst vergiften, sondern müssen einen geprüften Kammerjäger damit beauftragen. Bauern müssen eine einwöchige Schulung absolvieren, bevor sie ihre Ställe und Scheunen von den Schädlingen befreien dürfen. Ursula von der Leyen begründet schließlich ihre bombastischen jährlichen Erfolgsbilanzen mit der immer zahlreicher werdenden Anzahl von EU-Verordnungen.

Und es wird nicht besser. Denn der Nachrichtendienst Euractiv hat das geplante Arbeitsprogramm der EU-Kommission für 2026 und des zypriotischen Ratsvorsitzes für das erste Halbjahr vor der Veröffentlichung „geleakt“. Der erste Eindruck ist gespenstisch: Nichts ist gelernt und nichts ist vergessen. So plant die angeblich bürokratieabbauende Kommission 60 neue Verordnungen und die Wiedervorlage von 160 alten, die noch in der Schwebe sind: Gesetze zur Kreislaufwirtschaft mit Recyclingquoten, zu Kurzzeit-Mietverträgen (Airbnb-Regulierung), für den Praktikantenschutz, zur Cloud und KI-Entwicklung.

 Auch Post- und Baudienstleistungen, die Biotechnologie, Aktionärsrechte oder die „Qualität der Arbeit“ sollen reguliert werden. Es soll Verordnungen gegen unfaire Handelspraktiken bei Nahrungsmitteln, zur Wohlfahrt von Hunden und Katzen (Chip-Pflicht), gegen verspätete Rechnungszahlungen, für den digitalen Euro, für Flugpassagierrechte, digitale Personalausweise als Reisedokumente, grenzüberschreitende Genossenschaften, erhöhte Tabaksteuern, die Schulspeisungen mit Milch, Obst und Gemüse (statt Wurst aus dem Supermarkt) und einen EU-Sozialversicherungspaß geben. Auch die Chat-Kontrolle soll erneut angegangen und „digitale Fairneß“ verordnet werden.

Schon lange nicht mehr im Sinne des Subsidiaritätsprinzips

Nebenbei wird auch geopolitisch agiert: Mit Grönland, das 1985 aus der EWG austrat, aber immer noch Bestandteil des Königreichs Dänemark ist, soll ein Assoziierungsabkommen geschlossen werden – wohl um zu verhindern, daß Donald Trump die rohstoffreichste Insel der Erde den USA anschließt. Es sind Finanzhilfen für Jordanien, die Unterstützung für den „Übergang“ in Syrien, Fischereiquoten im Schwarzen Meer und Mittelmeer, die Umsetzung des Fischerei-Abkommens mit den Cook-Inseln, neue Regeln für den Handel mit Rohdiamanten, die Stärkung der EU-Arbeitsbehörde und die Zusammenarbeit bei Eurojust oder Strategien gegen die Armut. Auch Hilfen für periphere Regionen, Inseln und Küstengebiete sind geplant.

Nicht alles erscheint auf den ersten Blick unvernünftig. Doch der Befund ist eindeutig: Auch die zweite Von-der Leyen-Kommission versucht sich in alles und jedes reglementierend einzumischen, ohne Rücksicht darauf, ob das Problem nicht besser auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene gelöst werden könnte. Ganz im Sinne des Subsidiaritätsprinzips, zu dessen Respektierung auch sie EU-vertraglich verpflichtet ist. Natürlich schlägt die Kommission nur vor, Entscheidungen kommen vom Ministerrat der 27 Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament (EP). Doch im EP die größte Fraktion, die EVP unter ihrem Chef Manfred Weber (CSU) stimmt mit den vier linken Regulierungs-Fraktionen, nur manchmal zu deren Empörung mit der Rechten.

Keine „Deregulierung“, sondern nur „Vereinfachung“

Im Rat geht es gesitteter zu. Entscheidungen werden in Arbeitsgruppen von Diplomaten der Mitgliedstaaten und später ihren Botschaftern vorverhandelt und im Ministerrat nur noch abgesegnet. Deshalb kommt dem Vorsitz (Januar bis Juni 2026 Zypern) und dem Portugiesen Costa eine wichtige Rolle zu. Auf 40 Seiten bekundet Zypern im EU-Sprech, genau das Von-der Leyen-Programm durchsetzen zu wollen. Also keine „Deregulierung“, sondern nur „Vereinfachung“, und dafür neue Megaprojekte wie eine EU-Gesundheitsunion oder die Spar- und Investitionsunion zur Kreditsteuerung.

Der Beitritt zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) wird die EU verpflichten, jede vom Gerichtshof in Straßburg (EGMR) festgestellte Rechtsverletzung zu „beheben“. Sprich: Außengrenzschutz und Abschiebungen werden faktisch unmöglich – und „Klimaschutz“ einklagbar. Schließlich haben die „Klimaseniorinnen“ und Greenpeace mit dem „grünen“ EGMR-Urteil zum Schweizer CO₂-Gesetz 2024 internationale Justizgeschichte geschrieben.

Aus der JF-Ausgabe 45/25.

Ein dicker Aktenordner im Büro: Die Bürokratie in der EU ufert immer weiter aus. Foto: picture alliance / Ulrich Baumgarten | Ulrich Baumgarten
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