BERLIN. Das Statistische Bundesamt hat seine Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) für die Monate April bis Juni überraschend stark nach unten korrigiert. Demnach schrumpfte die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal.
Ursprünglich war nur ein Minus von 0,1 Prozent gemeldet worden (JF berichtete). „Vor allem die Industrieproduktion entwickelte sich schlechter als zunächst angenommen“, hieß es zur Begründung. Im ersten Quartal hatte die Wirtschaft noch um 0,3 Prozent zugelegt.
Die Zahlen machen deutlich: Die kurze Belebung zu Jahresbeginn war nur von kurzer Dauer. Schon jetzt gehen führende Ökonomen von einer anhaltenden Schwächephase aus. Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe, sprach von einem „Strohfeuer“. Das deutliche Minus bei den Exporten sei die Folge eines „zollgehemmten Handels“.
Deutsche Wirtschaftsleistung fällt unter EU-Limit
Auch die Bundesbank zeigt sich pessimistisch. Sie rechnet in ihrem aktuellen Monatsbericht nicht mit einem Wachstum im laufenden Sommerquartal. Vielmehr werde die größte Volkswirtschaft Europas stagnieren. Belastend wirkten die nach wie vor schwache Auftragslage, eine geringe Auslastung der Kapazitäten sowie die verhaltene Investitionstätigkeit. Impulse aus dem Baugewerbe seien nicht zu erwarten.
Neben der schlechten Konjunktur legte das Bundesamt auch neue Daten zur Haushaltslage vor. Im ersten Halbjahr wiesen Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung ein Defizit von 28,9 Milliarden Euro aus. Dennoch verbesserte sich die Lage im Vergleich zum Vorjahr: Dank steigender Steuereinnahmen und Sozialbeiträge sank das staatliche Minus um 19,4 Milliarden Euro. Bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung entsprach dies einem Defizit von 1,3 Prozent – und lag damit unter dem Drei-Prozent-Limit des EU-Stabilitätspakts. Auch die rückwirkende Korrektur der Jahreszahlen fiel ernüchternd aus. Für 2023 weist die Statistik nun ein Minus von 0,9 Prozent (statt bisher 0,3) aus, für 2024 ein Minus von 0,5 Prozent (statt 0,2). Damit steht fest, daß die deutsche Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Jahren stärker geschrumpft ist, als bisher bekannt.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es dennoch: Der Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft stieg im August auf 50,9 Punkte – den höchsten Stand seit 15 Monaten. Werte über 50 signalisieren Wachstum. Von einer Trendwende könne jedoch keine Rede sein. (rr)