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Kampf gegen den Mittelstand: Erbschaftssteuer: Unter Geiern

Kampf gegen den Mittelstand: Erbschaftssteuer: Unter Geiern

Kampf gegen den Mittelstand: Erbschaftssteuer: Unter Geiern

Der Kampf gegen den Mittelstand wird auch mit der Erbschaftssteuer geführt Foto:picture alliance/dpa/TASS | Grigory Dukor
Der Kampf gegen den Mittelstand wird auch mit der Erbschaftssteuer geführt Foto:picture alliance/dpa/TASS | Grigory Dukor
Der Kampf gegen den Mittelstand wird auch mit der Erbschaftssteuer geführt Foto:picture alliance/dpa/TASS | Grigory Dukor
Kampf gegen den Mittelstand
 

Erbschaftssteuer: Unter Geiern

Eine „Flattax“ bei der Erbschaftsteuer würde vor allem mittelständische Unternehmen treffen. Das wäre eine eklatante Mißachtung des Leistungsprinzips. Vor allem Familienunternehmen würden leiden.
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Kaum eine staatliche Abgabe ist so umstritten wie die Erbschaftsteuer. In Deutschland wurde sie 1906 eingeführt und seitdem immer wieder reformiert, zuletzt 2009. Danach sind die Freibeträge für nahe Verwandte und bei der Verschonung von Betriebsvermögen aber nicht mehr angepaßt worden.

Dabei müßten sie allein inflationsbedingt heute um rund 25 Prozent höher liegen, um reale Mehrbelastungen heutiger gegenüber damaligen Erben zu vermeiden. Das hat das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW-Report 24/23) ausgerechnet, in einer Stellungnahme zu einem entsprechenden Antrag der schleswig-holsteinischen FDP. Manche Erbschaft wird heute fünfmal so hoch besteuert wie vor 13 Jahren.

SPD und Grüne wollen noch einen Schritt weitergehen

Und es gibt noch viel weitergehende Vorstellungen. SPD und Grüne wollen vor allem die Vererbung von Unternehmen stärker besteuern. Auch die CDU liebäugelt mit einer „Flattax“, das heißt bei einem vergleichsweise niedrigen Steuersatz sollen fast alle Ausnahmen und Verschonungsregeln gestrichen werden.

Nach den IW-Berechnungen wäre ein einheitlicher Steuersatz von zehn Prozent „auf alles“ ungefähr aufkommensneutral. Der SPD schwebt allerdings eher eine Flattax von mindestens 15 Prozent vor, was dem Staat Mehreinnahmen von etwa fünf Milliarden Euro bescheren würde. Und aller Erfahrung nach wäre das noch lange nicht das Ende der Begehrlichkeiten.

Deutschland liegt bereits über dem OECD-Durchschnitt

Mancher Steuerzahler fühlt sich dabei wohl an die Spezies der Geier erinnert, die sich ja ebenfalls am Tod ihrer Opfer laben. Laut „Brehms Tierleben“ sind sie „nicht unternehmend“, sondern sammeln „böswillig und feig“ einfach das auf, „was ein günstiger Zufall ihnen liefert“. Im Unterschied zu Alfred Brehms „unedlen Raubvögeln“ hat der Fiskus allerdings auch zu Lebzeiten der Bürger schon kräftig zugelangt.

Speziell bei der Belastung mit Unternehmenssteuern liegt Deutschland laut IW deutlich über den meisten anderen OECD-Ländern. Zwar beträgt speziell bei der Erbschaftsteuer der durchschnittliche Steuersatz nur drei Prozent.

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Die Erbschaftssteuer widerspricht sämtlichen Steuergrundsätzen

Das liegt aber vor allem daran, daß der „kleine Mann“ durch zahlreiche Freibeträge und Ausnahmen weitgehend verschont wird. Die Belastung trifft damit letztlich nur größere Vermögen. Mit Gerechtigkeit hat das allerdings wenig zu tun, im Gegenteil: Ähnlich wie beim Solidarzuschlag und der Reichensteuer erkauft sich der Staat damit die Zustimmung der breiten Wählermasse zu einer Steuer, welche diese für sich selbst als zutiefst ungerecht empfinden würde.

Denn bei Lichte betrachtet widerspricht gerade die Erbschaftsteuer nahezu allen Grundsätzen, die für andere Steuern als selbstverständlich gelten. So mißachtet sie zum Beispiel völlig die Leistungsfähigkeit des Erben. Denn dessen Einkommen und Vermögen spielen für den Steuersatz überhaupt keine Rolle.

Stattdessen bemißt sich dieser allein nach der Art und Höhe des Erbes sowie – ausgerechnet – dem Verwandtschaftsgrad. So zahlen die eigenen Kinder maximal sieben Prozent Erbschaftsteuer und profitieren zudem von hohen Freibeträgen. Dagegen muß beispielsweise ein nicht verwandtes Patenkind oder ein guter Freund bei sonst gleichen Voraussetzungen bis zu 50 Prozent des Erbes an das Finanzamt abführen.

Unlogische Ausnahmen bei Eigenheimen

Das widerspricht aber gerade dem angeblichen Ziel der Steuer, ungerechtfertigte Vorteile per Geburt zu verhindern bzw. auszugleichen. Kaum zu rechtfertigen ist auch, daß die Vererbung eines Eigenheims wesentlich besser behandelt wird als die von Finanzvermögen. Voraussetzung ist lediglich, daß der Erbe „unverzüglich einzieht“ und das Haus mindestens zehn Jahre selbst bewohnt.

Auch das hat allein politische Gründe: Wenn nämlich „Oma ihr klein Häuschen“ genauso besteuert würde wie andere Vermögen, würden die Wähler vermutlich gegen die Erbschaftsteuer auf die Barrikaden gehen.

Ohne Steuerberater läuft gar nichts

Noch viel komplizierter sind die Regeln für die Vererbung von Unternehmen. Ohne einen spezialisierten Steuerberater läuft hier gar nichts mehr. So ist beispielsweise das für die Produktion notwendige Betriebsvermögen steuerbegünstigt gegenüber dem Verwaltungsvermögen. Zu letzterem gehören etwa nicht-betriebsnotwendige Grundstücke und Immobilien.

Die Begünstigung gilt aber nur, wenn der Betrieb von dem Erben mindestens fünf Jahre weitergeführt und die Lohnsumme in diesem Zeitraum nicht sinkt. Auch dafür aber gibt es wiederum zahlreiche Sonderregelungen und Grenzen. So verringert sich die Steuerbegünstigung ab einem Betriebsvermögen über 26 Millionen Euro, ab 90 Millionen gibt es gar keine Vergünstigung mehr – abgesehen wiederum von anderen Ausnahmen.

Man kann sich vorstellen, welche Bewertungs- und Zuordnungsstreitigkeiten dabei im einzelnen auftreten. Klar im Vorteil sind zudem große Aktiengesellschaften im Streubesitz, für die meist gar keine Erbschaftsteuer anfällt. Dagegen müssen sich ausgerechnet die für Deutschland so wichtigen Familienunternehmen um so mehr mit den Finanzämtern herumschlagen.

Der Mittelstand zahlt für die Flattax die Zeche

Sie sind es auch, die bei einer Flattax letztlich die Zeche zahlen würden. Das IW befürchtet denn auch, daß viele von ihnen bei zu starker Belastung im Erbfall zerschlagen oder ins Ausland verlagert würden. Zudem stelle sich die Frage, warum man erst mit erheblichem bürokratischen Aufwand eine Überlastung der Unternehmenserben zu vermeiden versucht, und dann mit einer Mindestbesteuerung genau diese wieder in Kauf nimmt.

Damit wird ein Grundproblem der Erbschaftsteuer sichtbar, denn sie verfolgt letztlich miteinander unvereinbare Ziele: Entweder man will die Unternehmenseigner maximal schröpfen, dann stehen aber Arbeitsplätze und Wertschöpfung auf dem Spiel. Oder man versucht dies mit allen möglichen Sonderregelungen zu vermeiden, dann wird es eben bürokratisch und auch ungerecht.

Länder wie Schweden, Kanada und Australien, aber auch die aufstrebenden baltischen Staaten Estland und Lettland haben aus diesen Problemen den einzig richtigen Schluß gezogen: Dort wird gar keine Erbschaftsteuer mehr erhoben. Auch in Deutschland wäre sie mit ihrem Anteil von lediglich 1,3 Prozent an den gesamten Steuereinnahmen fiskalisch ohne weiteres verzichtbar. Aber von einer so vernünftigen Lösung kann man bei der politischen Großwetterlage wohl nur träumen.

JF 21/23

Der Kampf gegen den Mittelstand wird auch mit der Erbschaftssteuer geführt Foto:picture alliance/dpa/TASS | Grigory Dukor
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