BERLIN. Der Deutschlandchef des Autoherstellers Ford, Gunnar Herrmann, hat der Europäischen Union vorgeworfen, ihre Klimaziele aus ideologischen Gründen zu verfolgen und die Industrie im Stich zu lassen. „Die Weiterentwicklung aktueller Antriebssysteme und die Technologieoffenheit sind nicht mehr gefragt. Hier wird mit Gewalt der Verbrennungsmotor ins Aus gedrängt“, beklagte er gegenüber dem Handelsblatt.
Die Verschärfung der Klimaziele durch die EU, wie sie zuletzt von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) angekündigt worden waren, sorge für eine „schwerwiegende wirtschaftliche Zusatzbelastung – und das ist gerade jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie ein Problem“, betonte Herrmann.
Ford will Produktionszahlen senken
Zudem glaube er nicht an den Erfolg der Elektroautos beim Kunden. Neben dem Preis liege das auch an dem dünnen Netz der Ladestationen in Deutschland. „Wir haben in vielen Städten und Kommunen eine Wohndichte, für die wir in Bezug auf die Ladeinfrastruktur eigentlich keine Antworten haben.“
Vor diesem Hintergrund warf der Autohersteller der EU vor, „überambitionierte Ziele“ vorzugeben. Mit deren Umsetzung und Folgen werde die Industrie dann alleingelassen. Als Konsequenz aus den neuen EU-Vorgaben und der Corona-Pandemie kündigte er an, Ford werde künftig weniger Autos in Europa produzieren. Allein in Deutschland beschäftigt das Unternehmen rund 5.000 Arbeitnehmer.
Berliner Bezirksbürgermeisterin fordert Autoverzicht für Klimaziele
Unterdessen forderte die Bürgermeisterin des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann, staatliche Maßnahmen zur Durchsetzung der Klimaziele. „Bisher hat der Staat nicht stark genug reguliert. Das muß sich ändern. Angesichts der Bedrohung des Klimas reicht es nicht mehr aus, an die Vernunft zu appellieren und auf Freiwilligkeit zu setzen“, sagte sie der Berliner Zeitung.
Als Beispiele nannte die Grünen-Politikerin höhere Parkgebühren und Bußgelder fürs Falschparken. Zudem sei es das Ziel ihrer Politik, „daß der motorisierte Individualverkehr in der Innenstadt so stark wie möglich reduziert wird“.
Sie betonte: „Die meisten Menschen in der Stadt brauchen ihr Auto in Wahrheit nicht, sie wollen lediglich ein Auto haben. Wenn auf den Straßen nur noch Kraftfahrzeuge unterwegs wären, die tatsächlich dringend benötigt werden, hätten wir viel weniger Verkehr.“ (ag)