ESSEN. Die Chefs mehrere deutscher Großkonzerne haben vor einem Erstarken populistischer Kräfte in Europa gewarnt. „Jahrzehntelang gab es einen europäischen und überwiegend auch globalen Konsens, daß mehr Zusammenarbeit zu mehr Wohlstand für alle führt. Dieser Konsens ist durch eine Reihe von Entwicklungen bedroht“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Energiekonzerns Eon, Johannes Teyssen, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Eine hohe Wahlbeteiligung könne den Zusammenhalt stärken „und zugleich die Wahlchancen von Populisten verringern“.
Auch der Chef des Industrieunternehmens Thyssenkrupp, Guido Kerkhoff, zeigte sich besorgt über die politische Lage in Europa. „Es ist schon erstaunlich, mit welcher Selbstverständlichkeit es manchen gelingt, auszublenden, was Europa für uns bedeutet“, gab Kerkhoff zu bedenken. „Da sind aus meiner Sicht auch wir als Unternehmen gefordert.“ Deshalb plane sein Unternehmen einen Aufruf an die Mitarbeiter in EU-Ländern, im Mai zur Wahl zu gehen.
RWE-Chef Rolf Martin Schmitz wirbt für einen starken Staatenverbund. „Es ist wichtig und richtig, die EU, unsere EU, jetzt zu stärken – statt sie zu schwächen, wie viele Populisten es fordern.“ Er werbe bei den Mitarbeitern dafür, das „demokratische Recht wahrzunehmen und im Mai wählen zu gehen“.
„Die Gefahr, daß europafeindliche Kräfte an Einfluß gewinnen, ist real“
Auch der Vorstandsvorsitzende des börsennotierten Industrieunternehmens Evonik, Christian Kullmann, kündigte an, seine Mitarbeiter zum Wählen aufzurufen. „Die Abstimmung in Großbritannien ist auch so ausgegangen, weil es nicht gelungen ist, junge Menschen zu mobilisieren“, sagte er dem Blatt. „Das gleiche Risiko besteht nun in Europa – und für die Wahlen Ende Mai. Die Gefahr, daß europafeindliche Kräfte an Einfluß gewinnen, ist real.“
Anfang März hatte VW-Vorstandsmitglied Hiltrud Werner vor einem Erstarken der AfD in den östlichen Bundesländern gewarnt. „In Ostdeutschland wird die AfD zunehmend zum Problem, auch in den Betrieben“, sagte Werner der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Wir schauen mit Sorge sehr genau hin, wie viele Arbeitnehmer die AfD erreicht.“ Es wäre „schrecklich, wenn die Menschen die Wahlen 2019 nur nutzen, um der Regierung eins auszuwischen“. Zuvor hatten bereits Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer und Siemens-Chef Joe Kaeser die AfD kritisiert. (ls)