BERLIN. Der Wert an Rücküberweisungen durch Einwanderer in ihre Heimatländer ist weltweit 2016 auf das Dreifache der Entwicklungshilfe gestiegen. Im vergangenen Jahr wurden rund 373 Milliarden Euro von Zuwanderern an Familien und Bekannte überwiesen.
Seit 2007 kletterten die Rücküberweisungen um über 50 Prozent, bis 2030 könnten sie auf 5,5 Billionen Euro steigen, berechnete die UN-Organisation Internationaler Fonds für landwirtschaftliche Entwicklung in einer neuen Studie.
Neben den Vereinigten Staaten, Saudi-Arabien, Frankreich und Großbritannien gehört auch Deutschland zu jenen zehn Ländern, aus denen Einwanderer am meisten Geld zurückschicken. 2016 waren es rund 4,2 Milliarden Euro, berichtete die Wirtschaftswoche unter Berufung auf Daten der Deutschen Bundesbank.
Private Gelder fließen größtenteils in kurzfristige Hilfen
Zuwanderer in Deutschland senden ihr Geld demnach vor allem in osteuropäische Länder, nach Afrika und in den Nahen Osten. Weltweit werden Rücküberweisungen zum größten Teil nach China, Indien und Pakistan getätigt.
Der überwiegende Teil der privaten Gelder, die in Entwicklungsländer fließen, werde für kurzfristige Hilfen wie dem Kauf von Nahrungsmitteln und dem Bezahlen von Rechnungen ausgegeben, sagte der Göttinger Volkswirt Stephan Klasen der Welt. In Bildung oder Gesundheit werde im Vergleich zur Entwicklungshilfe kaum investiert.
Trotz der offiziellen und privaten Zahlungen steige die Zahl von derzeit etwa 250 Millionen Menschen, die außerhalb ihres Heimatlandes leben, weiter. „Grundsätzlich gilt: Migration fördert Migration. Weder die Rücküberweisungen noch die Entwicklungshilfe können auf kurz- oder mittelfristige Sicht die Auswanderung stoppen“, erklärte Klasen.
Rücküberweisungen führten zu Negativspirale
Die Rücküberweisungen würden zu einer Negativspirale. „Es ist zu erwarten, daß die größeren finanziellen Ressourcen zunächst einmal dafür genutzt werden, weiteren Familienmitgliedern den Schritt ins Ausland zu ermöglichen.“ Für einen Rückgang der Migration bräuchte es ein gleiches Einkommensniveau. Davon seien wir noch weit entfernt.
„Was die Entwicklungsherausforderungen der Länder angeht, sind die Migranten-Rücküberweisungen kein Allheilmittel“, sagt Klasen. Zwar profitierten einzelne Familien davon, aber die Wirtschaftslage des Landes verbessere sich dadurch nicht. Zudem würden sich einige Staaten auf die Rücküberweisungen verlassen, die bereits einen großen Anteil am Bruttoinlandsprodukt ausmachten. (ls)