Ein Unternehmen hat nicht nur Gewinne zu maximieren, sondern auch eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Diese gilt gegenüber der Belegschaft wie der natürlichen Umwelt. Größere Firmen richten hierfür sogar ein eigenes Managementsystem ein, das mehr leisten will als die Einhaltung von Gesetzen. Die Verfolgung betrieblicher Umweltschutzziele wird durch die Öko-Audit-Verordnung (EMAS) der EU geregelt. Die Ergebnisse werden in einem öffentlichen Bericht festgehalten. Einen solchen Text hat jetzt die 2007 in Arcandor umfirmierte Karstadt-Quelle AG vorgelegt. Der Jahresumsatz lag 2007 bei 14,28 Milliarden Euro. Davon entfallen allein auf die Touristiksparte Thomas Cook (unter anderem mit Neckermann Reisen) 8,45 Milliarden Euro. Arcandor will nicht nur „Nachhaltigkeit verankern“, sondern auch „humanitäre Unterstützung“ leisten und „kulturelles Engagement“ beweisen. Die Pflege deutscher Sprachkultur gehört ganz offensichtlich nicht dazu. Denn der Umweltbericht ist nicht nur mit „Committed to creating value“ überschrieben, sondern auch die Erläuterung, was das heißen soll, wird gleich mit einem englischen Begriff eröffnet: „Der Claim“, also die englischsprachige Anspruchsformulierung, „bildet das Fundament für die Nachhaltigkeitsstrategie unseres Konzerns“. Der Anspruch wird dann wie folgt eingedeutscht: „Werte leiten unser Handeln“. Was die humanitäre Hilfe anbelangt, so habe Arcandor Opfern eines Fabrikeinsturzes in Bangladesch in Kooperation mit der Hilfsorganisation „Friendship“ Soforthilfe in Höhe von 250.000 Euro geleistet. Diese werde in diesem Jahr um weitere 50.000 Euro aufgestockt. Im kulturellen Bereich ist Arcandor Fördermitglied der deutschen Unesco-Kommission und Förderer namhafter Preise. So weit folgt Arcandor der Devise: „Tue Gutes und rede darüber.“ Das Nachhaltigkeitsprogramm Arcandors wird gemäß EMAS im Ist-Zustand und für die Weiterentwicklung 2009 vor dem Hintergrund schon geleisteter Maßnahmen aufgeschlüsselt. „Ausweitung der Querschnittskompetenz für ein konzernübergreifendes Managementkonzept“ wird ebenso postuliert wie für die Unternehmensführung die „Etablierung eines konzernweiten Whistleblower-Programms in 2008“ — wobei der Nichtfachmann sich unter diesem Anglizismus für einen Skandalaufdecker oder Hinweisgeber wenig vorstellen kann. Der gesellschaftliche Dialog soll verstärkt werden, heißt es an anderer Stelle, „mit internen und externen Stakeholdern“. Ob der Dialog in einer solchen Sprache einladend wirkt, darf bezweifelt werden. Doch der scheidende Arcandor-Chef Thomas Middelhoff, von dem die Welt vorige Woche schrieb: „Er geht als Buhmann — und trägt das Stigma des Schaumschlägers“, ist ein Meister darin, Selbstverständlichkeiten durch englische Ausdrücke zu überhöhen. Vor sechs Jahren mußte Middelhoff den Chefposten im Medienkonzern Bertelsmann vorzeitig räumen — in Erinnerung blieb unter anderem seine Anordnung, Englisch als Unternehmenssprache einzuführen. Selbst Konferenzen, bei denen nur Deutschsprachige anwesend waren, mußten auf englisch stattfinden. Kein Wunder, sieht sich doch der 55jährige Düsseldorfer Unternehmersohn eigentlich als Amerikaner mit nur zufällig deutschem Paß. Aber was soll konkret für die Umwelt geleistet werden? Eine Verringerung des CO2-Ausstoßes um 20 Prozent durch eine Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs. Energieeffiziente Flugreisen hätten bei Thomas Cook „hohe Priorität“. Verbrauchswerte von durchschnittlich drei Liter Kerosin pro Passagier würden durch eine hohe Auslastung der Flugzeuge erreicht. Zudem könnte man in Nordeuropa CO2-Ausgleichprojekte unterstützen. Mit einer „Foundation“ genannten Stiftung will das Unternehmen nachhaltigen Tourismus stärken, das heißt Aspekte der Bewahrung natürlicher und kultureller Schätze stärker berücksichtigen helfen. 2009 sollen zahlreiche Hotels ein Öko-Audit erhalten. Für Primondo mit der Kernmarke Quelle wird eingestanden, daß man bei der Sortimentspolitik die Zielmarke für den Anteil von Möbeln mit dem Siegel „Blauer Engel weil emissionsarm“ mit 49 Prozent „knapp verfehlt“ hat. Dafür sei der Papierverbrauch um 2,5 Prozent gesenkt worden — von 2005 auf 2006 seien es bereits 20 Prozent gewesen. Karstadt macht schon seit 1989 mit seinem Umwelt-Engagement von sich reden. Für ihre Kampagne „Energieeffizienz in Haushalten“ wurde die Warenhauskette 2007/2008 von der Unesco prämiert. So konnte beispielsweise mittels Umtauschaktionen der Umsatz energiesparender Kochtöpfe um 68 Prozent gesteigert werden. Weniger bekannt ist das Karstadt-Engagement für die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben, indem es eine „mehrjährige Familienpause zur Betreuung von Kleinkindern“ erlaubt, auch zur „Pflege von Angehörigen“. Über die Frage, wie lange es die defizitären Karstadt-Warenhäuser überhaupt noch gibt, steht im Öko-Audit-Bericht naturgemäß nichts. Immerhin hat die Ankündigung, daß Middelhoff geht und Karl-Gerhard Eick (bislang Finanzchef der Telekom) den Arcandor-Vorstandsvorsitz übernimmt, danach den Aktienkurs des Konzerns um über zehn Prozent steigen lassen. Der Nachhaltigkeitsbericht 2007 des Arcandor-Konzerns im Internet: www.arcandor.de/de/nachhaltigkeit/5934.asp