Vor zehn Jahren gehörte der promovierte Chemiker Heinz Hug zusammen mit anderen liberal-konservativen Wissenschaftlern, Unternehmern und Publizisten zu den Gründungsmitgliedern der überparteilichen Vereinigung „Stimme der Mehrheit“. Unter dem Titel „Der tägliche Ökohorror – So werden wir manipuliert“ schrieb Hug sich damals seinen Frust über die von Politik und Medien geschürten Technik- und Fortschrittsängste von der Seele. Da sich seither nur wenig geändert hat, gibt er nun in „Die Angsttrompeter“ erneut Nachhilfe in Naturwissenschaften. Auf 360 Seiten hat er eine unglaubliche Fülle von Daten und Fakten zusammengetragen, um weitverbreitete, aber unbegründete Ökoängste und Katastrophenszenarien an den Pranger zu stellen. „Da man dem Öko-Homo-sapiens-sapiens bekanntlich alles, aber auch wirklich alles einschwätzen kann, benahm sich halb Deutschland beim Shell-Boykott wie eine vom Hornissenschwarm gestochene BSE-Rinderherde“, schreibt Hug beispielsweise über die – neben Shell auch Esso gehörende – schwimmende Ölplattform Brent Spar in der Nordsee, die 1995 überflüssig wurde und in der Nordsee versenkt werden sollte. Wegen der dadurch angeblich drohenden Umweltgefahr startete Greenpeace eine fulminante Medienkampagne gegen Shell: Aktivisten der Umweltschutzorganisation besetzten die Plattform, um die Versenkung zu verhindern. Das Medienecho führte dazu, daß nicht nur „grüne“ Ökoaktivisten, sondern sogar einige deutsche Behörden, die Junge Union (NRW), der Fischereiverband oder Kirchentagspräsidenten sich dem Boykottaufruf anschlossen. Daraufhin sanken die Umsätze der deutschen Shell-Tankstellen teilweise um die Hälfte. Shell erklärte schließlich: „Wir haben verstanden“ und entsorgte die Plattform kostenintensiv an Land. Nur: Ein Vierteljahr später mußte Greenpeace einräumen, daß sich statt 5.000 nur 75 bis 100 Tonnen Ölrückstände auf der Brent Spar befanden. Greenpeace entschuldigte sich kleinlaut. Das deutsche „Waldsterben aus dem Autoauspuff“ blieb trotz Verkehrszunahme aus – dank modernster Umwelttechnik. Inzwischen nimmt – laut FAO-Bericht – die Waldfläche EU-weit sogar wieder leicht zu. Hug führt zahlreiche weitere Beispiele auf, wo die grünen „Öko-Pessimisten“ widerlegt wurden. Ein besonderes Anliegen ist Hug (der ein Lehrbuch in Physikalischer Chemie mitverfaßt hat) aber, die Furcht vor angeblichen Umweltgiften und krebserregenden Chemikalien abzubauen. Gefährdungspotential wird regelmäßig überschätzt Die gesetzlichen Grenzwerte seien schon lange nicht mehr am realen Gefährdungspotential (wie etwa die Maximale Arbeitsplatz-Konzentration/MAK-Werte), sondern an den Möglichkeiten der modernen analytischen Chemie ausgerichtet: „Im Gegensatz zu 1950 kann man heute problemlos die Zuckerkonzentration im Wasser eines Schwimmbads bestimmen, wenn ein Kind einige Krümel seiner Zuckerwaffel reinfallen läßt. Ist das jetzt für einen Schwimmer mit Diabetes ein reales oder ein virtuelles Risiko?“ fragt Hug. Dem „Vorsichtsprinzip“ entsprechend müßte „der Bademeister den Diabetiker wegen akuter Gesundheitsgefährdung sofort aus dem Wasser ziehen“. Die Furcht vor Pflanzenschutzmitteln sei ebenfalls übertrieben. Denn die Natur entwickelt solche auch auf natürliche Weise. Über 99 Prozent der 1,5 Gramm Pestizide, die der Mensch täglich mit seiner Nahrung aufnimmt, entstammten daher der natürlichen Schutzfunktion der Nahrungspflanzen. Allein die Kohlpflanze produziere zum Abwehr von Freßfeinden 49 giftige Pestizide. Zum zunehmend alarmistisch diskutierten Klimawandel gibt Hug zu bedenken, daß der Mensch pro Tag etwa ein Kilogramm Kohlendioxid ausatmet. Damit seien die über sechs Milliarden Erdenbewohner mit exakt der gleichen Menge am „Klimaeffekt“ beteiligt – soviel wie alle Autos der Erde zusammen. Hugs Buch ist naturwissenschaftlich fundiert, er ist keineswegs pauschal gegen sinnvolles ökologisches Handeln. Doch seine Polemik verstößt gegen die Political Correctness – allein deshalb ist es schon lesenswert. Heinz Hug: Die Angsttrompeter, Signum Verlag, München 2006, gebunden, 360 Seiten, 22,90 Euro Heinz Hug: Der tägliche Ökohorror. So werden wir manipuliert, Verlag Wolfgang Brune, Leipzig 2004, broschiert, 316 Seiten, 21 Euro