Anzeige
Anzeige

Mittelständler in der Schwebe

Mittelständler in der Schwebe

Mittelständler in der Schwebe

 

Mittelständler in der Schwebe

Anzeige

Bei Neubeschäftigung mitarbeitender Ehegatten des Geschäftsinhabers und bei Geschäftsführern prüfen Rentenversicherung und Krankenkassen seit 2005, ob für diese Mitarbeiter die Pflicht zur Sozialversicherung (SV) sowie Anspruch auf Leistungen bestehen. Fast zwei Millionen Beschäftigte, die bereits vor dem 31. Dezember 2004 im elterlichen Betrieb, im Unternehmen des Ehepartners oder als Geschäftsführer tätig waren, leben in der Ungewißheit, ob sie – obwohl seit Jahren Beitragszahler – überhaupt Leistungsansprüche haben. Denn die Sozialversicherungsträger stellen erst im Leistungsfall fest, ob eine Versicherungspflicht zu Recht bestanden hat oder nicht. Ein Beispiel: Die Ehefrau des Chefs ist gelernte Bürokauffrau und hilft ihrem Mann in Verwaltungsangelegenheiten des Familienbetriebs. Der Sohn kümmert sich um die betriebseigene Bürotechnik und den Wartungsservice beim Kunden. Seine Ideen halfen der Firma, Zeit und Geld zu sparen. Er soll in fünf Jahren den elterlichen Betrieb weiterführen. Ehefrau und Sohn erhalten ein monatliches Entgelt von je 1.750 Euro und den Arbeitgeberanteil zur Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung. Bei größeren Investitionen des Betriebs verzichtete die Familie gelegentlich auf ihre Bezüge. Die Ehefrau setzte bei Engpässen auch privates Vermögen ein. Rechtsmittelfähiger Bescheid des Sozialversicherungsstatus Würden sie jetzt erwerbsunfähig oder die Firma ginge pleite, erhielten weder Ehefrau noch Sohn Erwerbsminderungsrente bzw. Arbeitslosengeld I. Obwohl sie als sozialversicherungspflichtige Beschäftigte bei der Krankenkasse angemeldet sind, waren sie – ohne es zu wissen – all die Jahre als „Mitunternehmer“ im Familienbetrieb tätig. Bei dieser Sachlage bestehen keine Chancen auf Sozialleistungen, urteilte das oberste deutsche Sozialgericht. Die Zahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung (SV) ist keine Garantie dafür, daß Leistungen folgen werden. Knapp zwei Millionen Betroffene (darunter alle mitarbeitenden Ehepartner, nichtehelichen Lebensgefährten, Verlobte, Kinder, Enkel, Verwandte und Verschwägerte des Inhabers sowie auch GmbH-Geschäftsführer, Limited-Directors, hauptamtliche AG-Vorstände) stecken als sogenannte „Bestandsfälle“ in der Patsche. Sie zahlen ihre SV-Beiträge, ohne überhaupt zu ahnen, daß sie daraus möglicherweise keinerlei Leistungen zu erwarten haben. Seit 2005 gilt eine Neuregelung: Die Deutsche Rentenversicherung Bund (vormals BfA) läßt zusammen mit den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) prüfen, ob bei Neubeschäftigung von Geschäftsführern und mitarbeitenden Familienangehörigen diese als abhängig Beschäftigte gelten und SV-pflichtig sind. Als Einzugsstelle für geringfügig Beschäftigte ist die Minijob-Zentrale der Bundesknappschaft zuständig. Doch die Verwaltungen sind mit der Prüfung überfordert. Ob die SV zahlt, hängt davon ab, ob der Leistungsempfänger seine Tätigkeit als abhängig Beschäftigter ausgeübt hat. Schon die Miteigentümerschaft am Anlage- oder Umlaufvermögen des Betriebes, die Unterschrift unter einem Bankkredit oder der Erhalt erfolgsabhängiger Gratifikationen sind als Indiz für eine „Mitunternehmerschaft“ zu werten. Selbst wenn bei Betriebsprüfungen durch die GKV nie etwas beanstandet wurde, ist dies keine Garantie auf einen SV-Rechtsanspruch. Erst ein rechtsmittelfähiger Bescheid bescheinigt dem Beitragszahler, ob Ansprüche auf Leistungen bestehen oder nicht. Dieser hat dann eine Gültigkeit von fünf Jahren. Ändern sich zwischenzeitlich bestimmte Voraussetzungen, so gerät die Versorgung in Gefahr. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung erfolgt in der Regel durch die GKV als zuständige Einzugsstelle für die Sozialversicherungsbeiträge. „Die unrichtige Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status kann schwerwiegende Folgen haben“, erläutert Tore Bergmann, Richter am Sozialgericht Freiburg, die Rechtslage. „Zum einen für den vermeintlich Versicherungspflichtigen, wenn irrtümlich Beiträge abgeführt werden und er im Vertrauen auf die Sozialversicherung seine private Vorsorge unzureichend gestaltet. Zum anderen für seinen Auftraggeber, wenn Anmeldung und Beitragszahlung zur Sozialversicherung zu Unrecht unterbleiben, weil dann empfindliche, nicht auf den Beschäftigten überwälzbare Beitragsnachforderungen drohen.“ Daher ist es ratsam, eine Vorabentscheidung über den sozialrechtlichen Status herbeizuführen – idealerweise mit Hilfe eines Anwalts oder staatlich zugelassenen Rentenberaters. Rückwirkende Erstattung von Sozialbeiträgen möglich Diese Rechtslage stempelt den Arbeitgeber wie auch den Steuerberater zum Täter, wenn deren augenscheinliche sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des betreffenden Beschäftigten unzutreffend ist. Wie aber sollen diese zu einer sachgerechten Erkenntnis gelangen, wenn selbst die Prüfstellen der Sozialversicherungsträger in ihrer Beurteilung selten richtig liegen? In der Regel werden 90 Prozent der Anträge von den Kassen zunächst abgelehnt. Neun von zehn dieser abgelehnten Fälle werden im Zuge des Widerspruchsverfahrens für die Betroffenen gewonnen. Die restlichen Fälle landen überwiegend bei den Sozialgerichten. Bei festgestellter Nichtversicherungspflicht kann beim zuständigen SV-Träger ein Antrag auf Befreiung aus der gesetzlichen SV gestellt werden. Damit besteht auch ein Anspruch auf Erstattung der in der Vergangenheit von Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu Unrecht gezahlten Pflichtbeiträge (§ 27 Abs.2 Satz 1 SGB IV). Bereits eingezahlte Beiträge für die Arbeitslosenversicherung werden auf Antrag für die Dauer der letzten vier Jahre zurückgezahlt. Die Erstattung von GRV-Beiträgen kann für den Zeitraum von mehr als 30 Jahren zurückreichen. Meist bleibt ein angestellter Familienangehöriger nach der SV-Befreiung steuer- und arbeitsrechtlich betrachtet weiterhin Angestellter. Nur SV-rechtlich gilt er als Selbständiger. Die Betroffenen müssen nun für den Fall von Arbeitslosigkeit, Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und die Alters- und Hinterbliebenenversorgung selbst aufkommen. Die Kranken- und Pflegeversicherung könnte teuer werden. Wer sich nach der SV-Befreiung nicht rechtzeitig um seine Krankenversicherung kümmert, wird unfreiwillig ein „freiwilliges“ GKV-Mitglied. Die verlangt dann mehr als die bisherigen beispielsweise insgesamt 140 Euro (bei einem monatlichen Bruttogehalt von 1.000 Euro). Für den Mindestbeitrag werden 2006 pauschal 1.837,50 Euro Einkommen zugrunde gelegt – so müssen etwa 260 Euro an AOK & Co. gezahlt werden. Kommen Miet- oder Zinseinkünfte hinzu, erhöhen diese den GKV-Beitrag ebenfalls. Informationen im Internet: AOK Bundesverband: www.aok.de Deutsche Rentenversicherung (vormals BfA): www.deutsche-rentenversicherung-bund.de Bundesknappschaft: www.minijob-zentrale.de

Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen
Hierfür wurden keine ähnlichen Themen gefunden.