Nach Berechnungen der US-Wirtschaftszeitschrift Forbes existieren in Rußland 36 Dollar-Milliardäre. An erster Stelle steht der 41jährige Ex-Yukos-Konzernchef Michail Chodorkowskij mit einem Privatvermögen von umgerechnet 15,2 Milliarden US-Dollar. Während Chodorkowskij wegen angeblich fehlender Steuerzahlungen in Millionenhöhe seit Oktober des letzten Jahres inhaftiert ist, kann der Zweitplazierte, Roman Abramowitsch, ebenfalls unter Anklage der Steuerhinterziehung, sein Vermögen von 12,5 Milliarden US-Dollar noch unbehindert für seine Interessen einsetzen. So erwarb der 38jährige Besitzer des Ölimperiums Sibneft für 150 Millionen Pfund Sterling den renommierten Londoner Fußballclub Chelsea FC. Das Gesamtvermögen nur der Milliardäre erreicht eine Größenordnung von 24 Prozent des russischen Bruttoinlandsprodukts. Die ehemaligen Klassenfeinde, die US-amerikanischen Milliardärskapitalisten, sind da bescheidener. Ihrer existieren zwar mehr, nämlich 277, ihr Gesamtvermögen umfaßt jedoch nur sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Die eigenen Milliardäre wieder zu enteignen, ist daher – relativ gesehen – für den russischen Staat lukrativer. Zunächst aber erstaunt, wie in einem ehemals kommunistischen Land, in dem das gesamte Vermögen Staatseigentum war und damit allein dem Volk gehörte, zehn Jahre nach dem Zusammenbruch des Sozialismus eine derart auffällige Vermögenskonzentration entstehen konnte. Zumal der Wohlstand nicht auf genialen Geschäftsideen wie bei Microsoft beruht, sondern überwiegend auf privatem Besitz an Bodenschätzen. Die reichste Russin, Besitzerin eines Baukonzerns, ist die Ehefrau des Moskauer Oberbürgermeisters. Wenigstens eine Erklärung.