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TUI bald unter spanischer Flagge?

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TUI bald unter spanischer Flagge?

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TUI-Chef Michael Frenzel kommt es sicher spanisch vor: Zwei der größten spanischen Baufirmen, Lopesan und Satocan, wollen den 31prozentigen Anteil an Europas größtem Reisekonzern übernehmen, den die Westdeutsche Landesbank seit Monaten im Markt anbietet. Während die TUI-Pressestelle offenbar mal wieder nichts weiß, wird der Plan in der spanischen Presse heiß gehandelt. Das kanarische Konsortium sei „fest entschlossen“, künftig die TUI zu kontrollieren, und habe dazu bereits Verhandlungen mit drei spanischen und zwei deutschen Banken aufgenommen. Denn die West LB verlangt 1,2 Milliarden Euro. Und die Banker haben es eilig. Die West LB will sich bis zum Jahresende von der Beteiligung trennen. Für die Spanier, die ihr Geld im wesentlichen mit Hotelbauten verdienen, ist das Angebot verlockend. Mit 31 Prozent wären sie größter Einzelaktionär und hätten maßgeblichen Einfluß auf die Politik des deutschen Unternehmens (JF 28/04). Dazu kommt: Die Belegungsraten der spanischen Hotels gehen rapide zurück. Für 2004 wird mit einem Urlauberrückgang aus Deutschland von 160.000 gerechnet. TUI könnte eine Wende schaffen, indem es die Urlauber weniger in die Türkei, nach Tunesien oder die Karibik fliegt, sondern wieder auf die Kanaren – so hoffen die Spanier. Seit Jahren drängen die spanischen Hotelunternehmer die Regierung in Madrid, eine eigene Kanaren-Fluggesellschaft zu gründen, um die Urlauber auf die Ferieninseln zu holen. Das würde sich mit dem Kauf des TUI-Anteils erübrigen. Denn zur TUI AG gehört seit 1998 unter anderem die Fluggesellschaft Hapag-Lloyd. Inzwischen vereint der Konzern mit über 65.000 Mitarbeitern etwa 200 verschiedene Touristikmarken und Gesellschaften sowie 290 eigene Hotels mit 157.000 Betten. Im vergangenen Touristikjahr war die TUI mit über vier Milliarden Euro Umsatz vor Thomas Cook und Rewe weiter umsatzstärkster Reisekonzern. Die TUI-Aktien sind so breit gestreut, daß die Kanaren mit dem 31-Prozent-Anteil der West LB glauben, „maximale Einflußmöglichkeiten auf den Vorstand“ zu haben. Das bestätigt auch die West LB: Ein neuer Investor bräuchte kein Abfindungsangebot an die übrigen TUI-Aktionäre zu machen, hätte aber „angesichts ansonsten fehlender Großaktionäre strategischen Einfluß bei TUI“. Ob die Spanier allerdings mit dem TUI-Vorstand glücklich werden, darf bezweifelt werden. So untersucht die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) die Kursbewegungen der TUI-Aktie. Es solle geklärt werden, ob das Unternehmen noch im Deutschen Aktienindex (Dax) der 30 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland bleiben kann. „Das Vertrauen der Verbraucher kehrt zurück. Der deutsche Markt hat sich deutlich erholt“, stellte der „Manager des Jahres 2000“ Frenzel noch Mitte Mai am TUI-Stammsitz in Hannover fest. Die Euphorie ist verflogen: „Ein Bild des Grauen“, befand der Focus (28/2004) „angesichts eines dramatischen Buchungseinbruchs.“ Zwar beträgt das Plus bei der Kundenzahl branchenweit noch rund fünf Prozent. Derartiges „Miniwachstum“ kann allerdings kaum sonnige Gefühle auslösen, denn das Jahr 2003 gehörte wegen des Irak-Krieges und der SARS-Seuche in Asien zu den schlechtesten Bilanzperioden in der jüngeren deutschen Tourismusgeschichte. Tatsächlich: „Viele Reiseveranstalter verzeichnen noch immer zwischen 25 bis 30 Prozent weniger Kunden als vor dem 11. September 2001“, kontert ein deutscher Top-Manager ernüchtert die Euphorie des TUI-Chefs. Und auch künftig ist neuer Schwung für die lahmende Branche kaum auszumachen: Das pauschale Organisieren der „schönsten Wochen des Jahres“ garantiert längst kein schönes Geschäft mehr. So war der TUI-Vorstand gezwungen, seine Katalogpreise um durchschnittlich 8,5 Prozent zu senken – Ägyptenreisen verbilligten sich sogar bis zu 32 Prozent. Da wirkt es verwunderlich, wenn der TUI-Boß „Urlaub wieder wertvoller machen will“. Schon jetzt kann sich „eine stetig zunehmende Zahl deutscher Touristen einen klassischen Sonnenurlaub kaum noch leisten“, befindet Tourismusprofessor Karl Born. Immer mehr Deutsche bleiben zu Hause oder verreisen nur noch im Heimatland. Auch mit seinem Motto „Urlaub ja, aber nicht mehr so lange wie früher“ liegt der TUI-Chef falsch. Die Reisedauer sank von 17,1 Tagen (1993) auf 11,6 Tage drastisch. Auch die früher propagierten Zweit- und Dritturlaube gleichen den Abwärtstrend nicht mehr aus: sie finden praktisch nicht mehr statt. Weiteres Gift für die Bilanz: der durchschnittliche Reisepreis stagniert seit Jahren um 550 Euro je Tourist. Ob die spanischen Kaufinteressenten auch die internen Führungsqualitäten und politischen Verstrickungen der TUI-Mannschaft kennen? So stellte Hans-Joachim Selenz, früherer Vorstand der Preussag AG, später Salzgitter AG (aus der die TUI hervorging) auf der Hauptversammlung 2004 vor den Aktionären einige Fragen, die den TUI-Vorstand offenbar erschauern ließen. Der Aktionär Selenz fragte nach den „wirklichen Verlusten“ der Touristiksparte, die er für das Jahr 2003 mit einer Milliarde Euro berechnet hatte. Das sind drei Millionen Euro pro Tag. „Wie lange kann ein Unternehmen dies durchhalten? Insbesondere, wenn erst einmal alle Häuser und alles Tafelsilber verkauft sind?“ wollte der Insider wissen. Denn mit diesen Verkäufen hatte der Vorstand offenbar „die wirklichen Verluste“ der Touristiksparte verdeckt. Dann ging Selenz (der übrigens der Schill-Partei nahestand und für diese den Landesvorsitz in Niedersachsen übernehmen sollte) ans Eingemachte. Er fragte nach den Vorstandsreisekosten und die der Wirtschaftsprüfer samt Ehefrauen – beispielsweise zu den Olympischen Spielen nach Atlanta. So sollen allein die Wirtschaftsprüfer, die für die Prüfung der Konzernbilanzen zuständig sind, zwischen 30 – 40.000 Mark je Ehepaar aus der Konzernkasse für den Olympia-Trip erhalten haben. Selbst dem Aufsichtsrat und West LB-Vorstand Neuber wurde großzügig ausgeholfen: Auf Konzernkosten genoß er in der Grand DeLuxe Suite der MS „Europa“ eine Kreuzfahrt – mit persönlichem Butlerservice versteht sich. Daß TUI-Chef Frenzel zum 50. Geburtstag vom Vorstand des hochverschuldeten Unternehmens ein Jagdgewehr für etwa 50.000 Mark erhalten haben soll, fällt dabei kaum noch auf. Als der Aktionär vom Vorstand nur unklare Antworten erhalten hatte, reichte er eine Auskunftserzwingungsklage beim Landgericht Hannover ein. Ganz sicher werden auch die Spanier diese Auskünfte mit Interesse erwarten. Foto: TUI-Grupotel Parc Natural auf Mallorca: Die Reisedauer sank von 17,1 Tagen auf nur noch 11,6 Tage

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