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Rentner sollen Fiskus füttern

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Keine Generation darf auf Kosten der nachrückenden leben“, mahnte Bundesfinanzminister Hans Eichel anläßlich der Abstimmung des Bundestags über das neue Alterseinkünftegesetz. Mit diesem moralisierenden Satz hätte die Abschaffung des Umlageverfahrens zur Finanzierung zur Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) begründet werden können. Doch darum ging es der rot-grünen Regierungsmehrheit nicht. Das Gesetz korrigiert bestenfalls ein wenig die intergenerative Kostenverteilung. Ab dem Jahr 2005 bleiben bestehende und neu vergebene Renten nur noch bis zu einem Jahresbetrag von 18.900 Euro steuerfrei, bislang waren es 38.000. Zusätzlich erhöht sich der Steuersatz für alle nachfolgenden Rentner um jährlich zwei Prozentpunkte bis zum Jahr 2020, in den anschließenden Jahren bis 2040 um jeweils einen Prozentpunkt. Während die heutigen Rentner bislang nur die Hälfte ihrer Rente versteuern müssen, trifft ab 2040 die Renten dann die volle Steuerlast. Im Gegenzug werden künftig die GRV-Beiträge stufenweise steuerabzugsfähig. 2005 können 60 Prozent dieser Ausgaben abgesetzt werden, danach jedes Jahr zwei Prozentpunkte mehr, bis zum Jahre 2025 der volle GRV-Beitrag steuerfrei gesetzt ist. Der Systemwechsel von der vorgelagerten zur nachgelagerten Besteuerung der GRV-Beiträge entlastet auf den ersten Blick die nachfolgende Generation auf Kosten der älteren. Bei näherem Hinsehen erweist sich allerdings die Steuerzauberei als weitere Variante der Rentenillusion. Die Entlastung der Beitragszahler mißt sich letztlich in absoluten Beträgen und nicht in Prozentsätzen, noch dazu in Prozentsätzen von Prozentsätzen. Je nach Grenzsteuerbelastung der Beitragszahler, die gerade bei jungen Menschen nicht so hoch ist, fällt die absolute Steuerentlastung höher oder niedriger aus. Zudem legt das Gesetz nicht fest, wie hoch die Beitragssätze in diesen Zeiträumen einmal steigen werden. Wer bei einem Grenzsteuersatz von 20 Prozent künftig einen Beitrag absetzen darf, der um 30 Prozent gestiegen ist, steht dann allerdings schlechter da als heute. Noch deutlicher zeichnet sich die Verschlechterung bei den künftigen Rentnern ab. Wer jetzt in ein vierzigjähriges Arbeitsleben eintritt, wird bis zum Rentenbeginn nur zirka 90 Prozent seiner Beitragszahlungen steuerlich absetzen können, muß aber seine Rente vollständig versteuern. Zudem besteht auch hier wieder die Frage, welcher Rentenbetrag effektiv zu versteuern ist. Sinkt der Rentenbetrag weiter ab, wie es demographisch unter Beibehaltung des Umlagesystems zu erwarten ist, verringert sich möglicherweise zwar der Grenzsteuersatz, unterm Strich bleibt aber nochmals weniger als heute. Schon seit langer Zeit ist die individuelle Ertragsrechnung des staatlichen Rentensystems für die meisten Teilnehmer ein Verlustgeschäft. Die Bilanz des Regelrentners wird sich mit dem neuen Steuerverfahren nochmals verschlechtern. Der staatlichen Willkür bleibt zudem weiter Tür und Tor geöffnet, auch wenn die langfristig ausgelegte Übergangsregelung den Anschein von Kontinuität vorspiegelt. Wenn schon eine langfristige Umgestaltung des staatlichen Rentensystems in Angriff genommen wird, wäre nach Meinung von Rentenfachleuten die völlige Umstellung vom Umlageverfahren auf das Ertragsverfahren oder Kapitaldeckungsverfahren der bessere Ansatz gewesen. Eine dauerhaft höhere Sicherheit bei der Rente bietet allein die private Altersvorsorge. Aber auch sie ist nicht frei von staatlichen Blitzzugriffen, wie die gleichfalls mit dem neuen Alterseinkünftegesetz angestrebte Änderung der Besteuerung von Kapitallebensversicherungen (KLV) zeigt. Ab dem nächsten Jahr müssen für neu abgeschlossene KLV die später einmal ausgezahlten Kapitalerträge versteuert werden. Um den Steuerschock mit progressiv ansteigenden Steuersätzen abzumildern, werden die Kapitalerträge auf fünf Jahre verteilt. Zudem wird die Abzugsfähigkeit der KLV-Beiträge als steuerbegünstigte Sonderausgaben abgeschafft. Alles in allem ist die Neuregelung ein herber Schlag gegen die Bemühungen der Bürger um eine private Absicherung der Alterseinkünfte. Gleichfalls nur so zu verstehen ist die bei dieser Gelegenheit beschlossene Vorschrift von „Unisex-Tarifen“ bei der sogenannten Riester-Rente zu verstehen. Der im Grunde sinnvolle Ansatz, die Bürger mit staatlichen Prämienzahlungen zu einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge zu bewegen, wird durch den versicherungsmathematisch törichten Zwang, für Männer und Frauen die gleiche Versicherungsprämie abzuverlangen, zunichte gemacht. Frauen leben statistisch länger – deshalb beziehen sie im Schnitt länger Rente und zahlen dafür mehr Beiträge. Die Folge dieser Anweisung wird sein, daß die Männer das Riester-System verlassen, während die Frauen vermehrt die Riester-Rente suchen. Am Schluß dieser Entwicklung könnte der „Unisex“-Tarif mit dem angeblich „ungerechten“ Frauentarif übereinstimmen. Lukrativ ist die Riester-Rente dann allenfalls noch für Eheleute mit vielen Kindern und geringem Einkommen. Die Frage nach dem eigentlichen Sinn und dem roten Faden des neuen Alterseinkünftegesetzes beantwortet sich aus den geänderten Steuerzuflüssen des Staates. Zusammenfassend läßt sich aus dem gesamten Komplex der Neuregelungen erkennen, daß in den kommenden Jahren strukturell mehr Rentner mit steigenden Steuersätzen für das Steueraufkommen sorgen, während für die Jüngeren – relativ gesehen, aber nicht unbedingt in absoluten Zahlen gemessen – Steuererleichterungen vorgesehen sind. Das ist aus fiskalpolitischer Sicht viel sinnvoller, weil – zusätzlich durch die demographische Entwicklung – die Zahl der Rentner steigt und die Zahl der Erwerbstätigen sinkt. Das Alterseinkünftegesetz ist demnach nicht viel mehr als ein Steuereinnahmensicherungsgesetz für die absehbare Epoche der Gerontenrepublik Deutschland. Über diese Absicht zeichnet sich ein Großparteienkonsens ab. Die Unionsopposition hat zwar mit der FDP bei der Bundestagsabstimmung gegen das Gesetzesvorhaben votiert, gleichzeitig aber angedeutet, daß im Bundesrat die dortige Unionsmehrheit nicht zu einem Scheitern des Alterseinkünftegesetzes führen würde. Abgesehen von der Frage, wie weit der Föderalismus in der Bundesrepublik angesichts solcher Bundesvorgaben überhaupt noch existiert, haben sachliche Argumente hinsichtlich einer zukunftsträchtigen Neugestaltung der Alterssicherung ihre Rolle ausgespielt. Im Hintergrund dominiert das Kalkül sicherer Steuereinnahmen. Eine Union, die auf den Regierungswechsel schielt, kann sich offensichtlich dieser Verführung nicht entziehen.

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