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Der Druck kommt von allen Seiten

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Der Internet-Automobilmarkt Mobile.de steht zum Verkauf. Und drei Interessenten überschlagen sich mit Geboten. Neben einem Verlagskonsortium haben auch die Deutschland-Ableger des US-Internet-Auktionshauses Ebay und des US-Internetportals Yahoo Angebote abgeben. Das Höchstgebot soll bei sage und schreibe 115 Millionen Euro liegen. Denn im Internet wächst das Geschäft mit kommerziellen Anzeigen überproportional stark. Marktführer ist die Scout-Gruppe, die eine Anzeigenplattform für Autos (Auto Scout24), Immobilien (Immobilien Scout24) und Kontaktanzeigen (Friend Scout24) bildet. Im Dezember übernahm die Telekom-Tochter T-Online die gesamte Scout-Gruppe von den bisherigen Eigentümern – der Kaufpreis betrug 180 Millionen Euro. Dem Scout-Konzept werden auch erhebliche Wachstumschancen eingeräumt. Doch des einen Freud ist des anderen Leid. Für die Zeitungsbranche ist der Aufstieg von Scout, Ebay & Co. mit erheblichen Einbußen im Anzeigengeschäft verbunden. Zu diesem Schluß kommt auch eine Studie des Deutschlandablegers der US-Wirtschaftsberatungsagentur Ernst & Young (EY). Zu den strukturellen Problemen, unter denen die Zeitungsbranche leidet, gehöre, daß sie mit Online-Anbietern nicht mehr mithalten kann, heißt es in der im Dezember 2003 erschienenen Untersuchung „Zeitungsverlage im Umbruch“. Galt das Weltnetz vor einigen Jahren noch als zweifelhaftes Medium, so hat sich das heute dramatisch gewandelt. Immer mehr Unternehmen verzichten auf gedruckte Stellenanzeigen, sondern nehmen die Dienste von Internet-Stellenbörsen in Anspruch, die eine viel größere Reichweite bieten. Der Umfang der Stellenanzeigen ist seit dem New Economy-Jahr 2000 um 69 Prozent zurückgegangen. Dadurch sei das „traditionelle duale Finanzierungskonzept“ ins Wanken geraten. Dieses wird definiert als ein Umsatzerlös, der sich zu zwei Dritteln aus Anzeigen und zu einem Drittel aus dem Vertrieb zusammensetzt. Im Jahr 2002 ist der Anteil der Anzeigen am Gesamtumsatz auf 56,4 Prozent abgesackt. Doch nicht nur Stellenanzeigen sind betroffen. Deren Absinken hängt auch mit der konjunkturellen Misere zusammen. Aber auch Immobilienanzeigen verzeichnen ein Minus von 35 Prozent seit 1997. Und Kfz-Anzeigen sanken um 29 Prozent im gleichen Zeitraum. Das Geschäft mit den Anzeigen hat sich in den späten neunziger Jahren von der Konjunktur abgekoppelt. Trotz wirtschaftlichen Wachstums verringerten sich die Erlöse aus Anzeigen für Kfz und Immobilien stetig. Mit zunehmender Akzeptanz des Internets als Handelsbörse werden die Verlage auch bei einem Anziehen der Konjunktur keinen Boden gutmachen können, so das Ergebnis der EY-Studie. Außerdem hätten die Zeitungsverlage den Zeitpunkt für einen erfolgreichen Einstieg ins Internetgeschäft bereits verpaßt. Das Internet ist aber auch als Informationsmedium eine Konkurrenz für Zeitungen. Insbesondere die Großen unter den Verlagen sehen hier eine unerwünschte Konkurrenz erwachsen. Die kleineren Verlage können ihre „lokale Kompetenz“ ausspielen. Dieser Vorteil rettete kleinere Zeitungen ja auch schon im Verdrängungswettbewerb mit dem Fernsehen. In drei von vier Verlagshäusern wird von einem stark wachsenden Anzeigengeschäft ausgegangen, wenn die Konjunktur anzieht. Die Ansicht der einhundert befragten Verlagsmanager teilen die EY-Wirtschaftsprüfer nur teilweise. Daß die alte Umsatz- und Gewinnhöhe erreicht würde, sei „sehr zweifelhaft“, warnt die Studie. Dies liege aber auch daran, daß Jugendliche immer weniger zur Zeitung greifen. Achtzig Prozent der deutschen Zeitungsleser seien über dreißig Jahre alt. Weil die jungen Leute aber auch eine wichtige Zielgruppe der Werbewirtschaft sind, verlieren die Zeitungen weiter an Attraktivität. Neben dem veränderten Mediennutzungsverhalten stehen viele Verlage wegen der anhaltenden Konjunkturflaute vor dem finanziellen Zusammenbruch. Und schließlich droht noch eine weitere Gefahr – die zu hundert Prozent werbefinanzierten Gratiszeitungen. Sie wurden allerdings in der Studie an letzter Stelle genannt. An einer Stelle irren sich die Berater wahrscheinlich gewaltig. Ernst & Young prognostiziert angesichts des Ausbaus der Nürnberger „Bundesagentur für Arbeit“ (BA) – auf dem Kenntnisstand der zweiten Jahreshälfte 2003 – den Niedergang der Internet-Stellenbörsen und einen weiteren Rückgang von Stellenanzeigen außerhalb der Bundesagentur. Bislang ist es aber der BA nicht gelungen ist, den privaten Internet-Stellenbörsen das Wasser abzugraben. Die milliardenschwere Gerster-Behörde hat zwar teure Beraterverträge mit Roland Berger und Co. abgeschlossen, war aber bislang nicht in der Lage, das Geschäft dieser Internet-Firmen zu absorbieren. Den Verlagen stehen noch zwei weitere Herausforderungen bevor, die aus EU-Richtlinien resultieren. Da ist zum einen die Richtlinie 2003/58/EG. Sie zwingt Firmen, offenlegungspflichtige Unternehmensdaten elektronisch vorzulegen. Ein Großteil der betroffenen Unternehmen wird dies dann sicher nicht mehr zusätzlich drucken lassen – ein weiterer Einbruch für FAZ, Welt, Handelsblatt & Co. Zum anderen plant Brüssel derzeit weitere Werbeverbote. Dabei ist nicht nur die umstrittene Alkohol- und Tabakreklame betroffen. Auch die Verwendung sogenannter nährwert- und gesundheitsbezogener Informationen soll nur noch dann erfolgen dürfen, wenn diese „wissenschaftlich belegbar“ seien. Werbesprüche wie „Haribo macht Kinder froh“ oder „Red Bull verleiht Flügel“ dürfen nur noch dann verwandt werden, wenn ein Gutachten diese Aussagen bestätigt. Damit droht das Aus für viele Firmen der Medienindustrie. Die wichtigsten Maßnahmen, die von Zeitungsverlagen ergriffen werden, sind daher massive Kostensenkungen und Kooperationen. 57 Prozent der befragten Unternehmer nannten zusätzlich den Ausbau der lokalen Kompetenz. Von Kürzungen ist das Personal – oft auch die Redaktionen selbst – ebenso betroffen wie Gemeinkosten (Miete, Spesen, Verwaltung). Entlassungen redaktioneller Mitarbeiter stehen bei 64 Prozent der befragten Verlage an. Ernst & Young gibt den Verlagen auch Hinweise mit auf den Weg. So entwickelt die Studie die Idee, daß Verlage mehr auf ihren guten Namen („Marke“) und ihr „positives Image“ setzen könnten. Dies ist ein innovativer Gedanke, der mehr Einfallsreichtum als das herkömmliche „Senken der Lohnkosten“ in sich birgt. Denn Zeitungen haben in der Regel immer noch eine hohe Glaubwürdigkeit. Wenn Zeitungen Veranstaltungen wie Konzerte, Seminare oder gar Reisen vermitteln, können sie ihr Geschäftsfeld ausdehnen. Sie können Internetzugangsdienste anbieten, damit ihnen die Leser auch im Internet „nicht verlorengehen“. In zehn Jahren – davon geht die Studie aus – wird die Zahl konsolidierter, überregionaler „Premium-Tageszeitungen“ geschrumpft sein. Es wird nach einem Verdrängungswettbewerb nur noch jeweils eine regionale Zeitung und kaum Lokalzeitungen geben. 90 Prozent der befragten Verleger gehen davon aus, daß der Konzentrationsdruck zunimmt. Konkrete Namen nennt Ernst & Young nicht. Der Tenor der Studie spricht aber eher dafür, daß WAZ, Bild oder FAZ auch in zehn Jahren noch am Markt sind – für Die Welt , den Tagesspiegel oder die Frankfurter Rundschau sieht es wohl nicht so rosig aus.

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