Der tschechische Industrieminister Milan Urban läßt die Katze aus dem Sack. Er bestätigte letzte Woche, daß der von seinem Ministerium ausgearbeitete Entwurf für die künftige Energiepolitik einen Ausbau der Kernenergie vorsieht. Das ist bemerkenswert, waren die tschechischen Atommeiler doch vor dem EU-Beitritt ein Zankapfel um denselben. Nach dem EU-Beitritt am 1. Mai soll es mit der Nukleartechnik richtig losgehen. In einer Debatte im tschechischen Sender „Prima“ erklärte der Sozialdemokrat, sein Land sehe eine Erhöhung des Anteils der Atomenergie an der gesamten Energieproduktion von derzeit 18 Prozent auf 36 bis 38 Prozent vor. Nähere Details über Anzahl und Standorte der neuen Atomreaktoren neben den zwei bestehenden in Großtemelin (Temelín) und den vier in Dukowan (Dukovany) wollte Urban nicht nennen. Aber soviel stehe bereits offiziell fest: „Wir kennen uns mit Atomenergie aus. Es wäre unglücklich, auf diesen komparativen Vorteil, den wir gegenüber der Welt haben, zu verzichten. Man muß die Angst (vor der Atomenergie), die hier hervorgerufen wurde, ein bißchen überwinden“, meinte Urban. Da darf man hoffen, daß der Abbau von Angst nicht zu Leichtsinn in der gewählten Technologie übergeht und die Euphorie nicht Überkapazitäten bedeutet, die dann nach Österreich und Deutschland verramscht werden müssen. Zu der Besorgnis, Terroristen könnten die Nuklearkraftwerke als stehende Atombomben verwenden, verlor Urban kein Wort. Wohin der Atommüll soll, darauf gab es keine Antwort, weil darauf niemand auf der Welt eine hat. Augen zu und durch. Man könnte meinen, da spielen Kinder an einem Energiebausatz, den sie zum Geburtstag erhalten haben.