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Im Labor der Menschenzüchter

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Was haben Lenin, Mao und Ursula von der Leyen gemeinsam? Auch die CDU-Familienministerin hängt einer Ideologie an, die sich nicht mit dem Mensch als Mängelwesen abfinden will, wie er nun mal ist, sondern einen neuen Menschen schaffen will, wie er gefälligst sein soll. Noch kann sich unter dem von ihr vorangetriebenen „Gender Mainstreaming“ kaum jemand viel vorstellen. Die Methoden mögen, anders als bei den totalitären Weltanschauungen des zwanzigsten Jahrhunderts, unblutig sein – das Fundament ist kaum weniger radikal. Mit „Gender Mainstreaming“ wird die zweite Stufe des Feminismus gezündet. Nachdem dieser mit den traditionellen Instrumenten der Frauenförderung vielfach an die Grenzen harter biologischer Tatsachen gestoßen ist, sollen nunmehr diese Gegebenheiten selbst umgekrempelt werden. Die „Gender“-Theorie setzt die erlernten Geschlechterrollen absolut und erklärt die Existenz von „Mann“ und „Frau“ zur repressiven gesellschaftlichen Erfindung. Sie leugnet die Existenz des biologischen Geschlechts und läßt nur das soziale („gender“) gelten. „Geschlecht“ ist demnach eine bloße Frage der Erziehung und kann durch Umerziehung geändert werden. Selbst die sexuelle Anziehung zwischen Mann und Frau sei nichts als patriarchalische Unterdrückung, die die Frauen in „Zwangsheterosexualität“ gefangen halte. Das klingt sektiererisch, ist aber längst mehr als eine skurrile Idee radikaler Feministinnen, die Befreiung durch gleichgeschlechtliche Sexualität predigen. Auch der „konventionelle“ Gleichstellungsbeauftragten-Feminismus hatte die „Gender“-Theorie stets im Marschgepäck. Daß sie im Widerspruch zu allen gängigen anthropologischen und naturwissenschaftlichen Erkenntnissen steht, von der Hirn- und Verhaltensforschung bis zur Biologie und Evolutionstheorie, stört eingefleischte Ideologen nicht wirklich. Nach jahrelanger Lobby- und Netzwerkarbeit schien in den Neunzigern der Zeitpunkt gekommen, die Sektiererecke zu verlassen und in den „Mainstream“ einzubiegen: „Gender“-Denken soll zur Hauptlinie politischen, staatlichen und administrativen Handelns werden. Nicht nur die Frauen sollen befreit, auch die Männer sollen umerzogen werden, damit sie ihre „Privilegien“ als „soziale Gruppe“ aufgeben. Damit ist „Gender Mainstreaming“ ein würdiger Erbe des Jakobinismus: eine tendenziell totalitäre Ideologie, die nach dem Kaderprinzip durch eine auserwählte Truppe Linientreuer von oben nach unten durchgesetzt werden soll. Zunächst ohne großes Aufsehen und mit freundlichen Universalismen garniert, denen eine ignorante und opportunistische Politiker- und Medienkaste kaum zu widersprechen sich die Mühe macht, werden Netzwerke und Seilschaften aus dem vorpolitischen Raum in bürokratische Strukturen überführt, deren Eigendynamik irreversible Fakten schafft. Die Parallele zur Erfolgsgeschichte des Multikulturalismus drängt sich geradezu auf. Von der „Aktionsplattform“ der Pekinger Weltfrauenkonferenz fand „Gender Mainstreaming“ als unverbindliche Empfehlung, in allen Politikfeldern und Programmen die „Gender“-Perspektive zur Leitlinie zu erheben, im Dezember 1995 Eingang in eine Uno-Resolution, wurde noch im selben Monat zur verbindlichen EU-Politik erhoben und schließlich auch im Amsterdamer Vertrag festgeschrieben. Unter dem Dach des EU-Kommissariats für Beschäftigung und Soziales bauten die einschlägigen Lobbyistinnen die ideologisch fundierte Gleichstellungs-, Gleichbehandlungs- und Antidiskriminierungs-Politik systematisch aus. Zu Zeiten von Kanzler Schröder wurde „Gender Mainstreaming“ in die Geschäftsordnung der Bundesregierung übernommen und zum Leitprinzip für alle Bundesbehörden gemacht, zwölf Bundesländer zogen nach – auch die angeblich konservative bayerische CSU-Regierung. Seither wird also in Deutschland „gegendert“, was das Zeug hält. Reichlich fließt Staatsknete für „Gender Checks“ und Implementierungsstudien für Nationalparks, Städtebau, Dorferneuerung oder Umweltpolitik. Verwaltungsangestellte werden in Gender-Sensibilität und Kindergartenerzieher in der Prävention gegen „jungmännliche Dominanz“ geschult. „Familien“-Ministerin von der Leyen hat eine eigene Internet-Plattform und ein „GenderKompetenzZentrum“ an der Humboldt-Universität eingerichtet. Das schafft Jobs für zahllose unterbeschäftigte Sozialpädagogen. An wuchernden Budgets und Stellenplänen läßt sich der Erfolg ablesen. Die fatale Dynamik dieses Konzepts steckt dabei in der Interessenkoalition mit dem vorherrschenden platten Ökonomismus. Die schon von Alice Schwarzer geforderte und von „Gender Mainstreaming“ in letzter Konsequenz anvisierte völlige Abschaffung der Hausfrau und Mutter als akzeptierter Lebensform trifft sich mit dem technokratischen Interesse an der totalen Mobilmachung aller „menschlichen Ressourcen“ zur abhängigen Vollzeit-Erwerbstätigkeit. Trotz der manifesten Absurdität vieler bisheriger Ergebnisse besteht daher zum Belächeln kein Anlaß. Der Genderismus ist nicht nur ein Lehrstück darüber, wie eine Handvoll tüchtiger und gut vernetzter Lobbyistinnen „aus ihrer akademischen Nischendisziplin ein bürokratisches Großprojekt“ (Spiegel) gemacht haben. Er gibt auch Anschauungsunterricht, wie leicht die abgehobenen und kaum kontrollierten EU-Mechanismen zum Vehikel entschlossener Ideologen gemacht werden können. Nicht zuletzt wirft der Durchmarsch der Gender-Gläubigen ein bezeichnendes Licht auf die Rolle der Unionsparteien, die sich aus Ignoranz, Anpassertum oder oberflächlicher Fortschrittsduselei bei jedwedem linkem Gesellschaftsveränderungsprojekt kritiklos anbiedern. Da mag Frau von der Leyen ihr Projekt noch so sehr als „Gleichstellungspolitik als Erfolgsstrategie“ verharmlosen: Es geht um mehr. Die Genderisten sind keine redlichen Bürgerrechtler, sondern ideologiegetriebene Manipulatoren und Menschen-Ingenieure, die sich nach der Vergewaltigung der Sprache im Namen der Geschlechtergerechtigkeit als nächstes die Köpfe vorgenommen haben. Das Großexperiment der „politischen Geschlechtsumwandlung“ (Volker Zastrow) ist mit einem freiheitlich-konservativen Menschenbild grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Sich gegen diese ideologische Bevormundung zur Wehr zu setzen, wäre keineswegs ein Kampf gegen die Rechte der Frauen, sondern für die Natur und Würde des Menschen.

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