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Ausgrenzung als Strategie

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Cato, Palmer, Exklusiv

In Deutschland wird gerne in die Ecke gestellt. Nicht in irgendeine – in die ‚rechte‘. Wenig anderes ist im öffentlichen Diskurs so wirkungsvoll wie die verbale Deportation an einen Platz, den die sonst so tolerante Gesellschaft für die von ihr Geächteten abgesteckt hat. Diese politische Todeszone ist in den vergangenen Jahren immer größer geworden, denn zwischen ‚rechts‘ und ‚rechtsextrem‘ wird in der Debatte immer seltener unterschieden.“ So schrieb der Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen, Berthold Kohler, in seiner Leitglosse vom 24. Mai 2007. Angesichts der „Diskursüberlegenheit“ der Linken in unserem Land schreckten heute auch brave CDU Mitglieder vor dem Attribut „rechts“ zurück, indem sie die Unschuld ihrer Gesinnung durch Beteiligung an einer der vielen Kampagnen „gegen Rechts“ beweisen. Große Teile der baden-württembergischen CDU Führung agierten freilich nicht auf der Höhe solcher Einsichten. Insbesondere in den ersten Wochen der Oettinger-Affäre unterwarfen sie sich mit geradezu vorauseilendem Gehorsam den Spielregeln der antifaschistischen Machtstrategie. Die Kampagneunfähigkeit der bürgerlichen Mitte und die „Diskursüberlegenheit“ der antifaschistischen Drahtzieher haben vor allem zwei Gründe: zum einen die weitgehende Unkenntnis des bürgerlichen Lagers über die linksextrem-antifaschistische Macht- und Medienstrategie, zum anderen, daß es diesen Drahtziehern gelungen ist, ein enges Netz von Mitwirkenden in großen Teilen der Medien zu etablieren, die sich in einer Art von Selbstgleichschaltung in ihren Dienst stellen. Dieser Kampfjournalismus hat auch dafür gesorgt, daß die Positionen der Angegriffenen nicht mehr durchdrangen, deren Verteidigung nicht mehr möglich war und statt dessen nur noch richtende Ankläger das große mediale Wort führten. Die jüngste Kampagne gegen das Studienzentrum Weikersheim hat erneut deutlich gemacht, wie bestimmte Agitations- und Propagandazentralen in kürzester Zeit bedenkenlos Wellen der Unterstellung und Einschüchterung, des Rufmordes, der politischen Nötigung und Verdächtigung auslösen und große Teile der Medien in den Dienst ihrer politischen Ziele zu stellen vermögen. Tatsachen und Wahrheit spielen dabei längst keine Rolle mehr; je massiver die Lügen und Verdrehungen, um so größeren politischen Erfolg versprechen sich die Akteure davon. Notfalls werden ganze Tatbestände erfunden. Gewichtiger ist indes die üblich gewordene Methode, den Begriff „Rechtsradikalismus“ möglichst uferlos auszudehnen und auf alle Positionen, Denk- und Verhaltensweisen rechts von der Mitte des politischen Spektrums anzuwenden, wenn man nicht gleich den „Faschismus in der Mitte der Gesellschaft“ selbst ortet. Dieser „Qualitätssprung“ im politischen Meinungs- und Machtkampf geht auf niemand anderen zurück als auf den damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder, der im Sommer 2000 den berüchtigten „Aufstand der Anständigen gegen Rechts“ proklamierte. Damals hatten Anschläge angeblich von Rechtsextremisten auf eine Synagoge und auf jüdische Emigranten aus Rußland stattgefunden. In der sächsischen Kreisstadt Sebnitz war ein sechsjähriger Junge ebenfalls angeblich von rechtsextremistischen Halbstarken im Freibad brutal ertränkt worden. Kurze Zeit später erwies sich alles als ein medienerzeugter Spuk. Statt in Sack und Asche zu gehen, rechtfertigten die Medien sich mit dem „Kampf gegen Rechts“. Wir erlebten einen ersten Höhepunkt der Political Correctness mit ihren Antifaschismus- und Antisemitismus-Tabus, in denen sich insbesondere die bürgerlichen Parteien verfingen. Dem Bewußtsein der Politiker und Medienleute ist längst entfallen, daß der Antifaschismus ein Ableger des Sowjetkommunismus der 1920er Jahre ist. Schon gegen Ende des Ersten Weltkrieges hatten die Bolschewiki den Namen der Faschisten aufgegriffen. Dem Schröder-Coup des Sommers 2000 mit seiner bewußten Vermengung von „rechts“ mit „rechtsextrem“ ist freilich schon zehn Jahre zuvor die Proklamation des „Kampfes gegen Rechts“ in Ost-Berlin vorausgegangen. Mitten im Zusammenbruch der DDR, am 4. Januar 1990, hatte die SED-PDS zu einer Massenkundgebung an dem angeblich von Neonazis mit antikommunistischen Parolen beschmierten sowjetischen Siegesdenkmal in Berlin-Treptow aufgerufen. Und hier gab kein anderer als der neue Parteivorsitzende Gregor Gysi die Parole aus: „Unser Land ist in Gefahr, und zwar von rechts. Wir müssen diese Gefahr bannen. Wie wollen wir denn demokratisch wählen, wenn hier die Neonazis alle Freiräume besetzen?“ An dieser Parole war aufschlußreich, daß ausgerechnet die alten Kader der SED- Diktatur die Stirn hatten, sich auf „die Demokratie“ zu berufen und „rechts“ mit „Neonazis“ gleichzusetzen. Seitdem ist die Zusammenarbeit zwischen den SED-Nachfolgern und der westdeutschen extremen Linken ständig stärker geworden. Das Differenzierungsvermögen in der politischen Auseinandersetzung wurde immer mehr heruntergeschraubt, bis nur noch die Freund/Feind-Parole, hier die Anständigen und dort die Rechten und Faschisten, übrigblieb: antifaschistischer Klassenkampf in modernisierter Gestalt. Reiner Kunze sprach von der „gedankenlosen Ideologisierung des geistigen Lebens“, um unbequeme konservative und liberale Meinungen zum Schweigen zu bringen und den politischen Wettbewerb möglichst auf die linke Hälfte des politischen Spektrums zu beschränken. Und Martin Walser verurteilte anläßlich der Verleihung des Dolf-Sternberger-Preises 1994 den sich ausbreitenden selbstgerechten Tugendterror mit seiner „öffentlichen Verurteilungskultur“ und seinen Gewissensprüfungen durch „straflüsterne Moralgiganten“, die aus allem, was ihnen nicht gefiel, einen „rechtsextremen Horrortext“ machen. Walser sprach von einem Klima der „liberalen Erlediger“ und ihren „Zeigefingerbemühungen“, diesen „Herbetern, Abfragern, Insgewissenrednern“ in „politisch-moralischer Lynchstimmung“, dieser sich ausbreitenden totalitären Standardisierung der Gewissen, einer Dialektik der „Machtausübung, die sich als Aufklärung versteht“. Dem heutigen öffentlichen Bewußtsein und den meisten Politikern und Medienleuten ist längst entfallen, daß der Antifaschismus ein Ableger des Sowjetkommunismus seit den 1920er Jahren ist. Schon am Ende des Ersten Weltkrieges hatten die Führer der Bolschewiki, Lenin, Stalin und die Komintern den Namen der italienischen Faschisten Benito Mussolinis aufgegriffen, die sich als ihr erster entschiedener Gegner und Konkurrent zeigte. Sie machten die Antithese „Faschismus – Antifaschismus“ zur zentralen und zündenden Freund/Feind-Bestimmung, zu einer Sammlungs- und Bündnisparole für die eigene Seite und zugleich zu einem generalisierenden, bewußt unscharfen Sammelbegriff, um darunter alle Gegner des Kommunismus zu subsumieren, ob Monarchisten und Reaktionäre, Konservative und Liberale bis hin zu den Sozialdemokraten und selbst zu abtrünnigen Kommunisten. Diese uferlose Ausdehnung des Faschismusbegriffs trieb geradezu groteske Blüten. So schrieb Grigorij Sinowjew, der Generalsekretär der Komintern, im November 1923, „nicht nur Seeckt und die Reichswehr, sondern auch Ebert und Noske sind verschiedene Spielarten des Faschismus“. Stalin prägte 1924 für die Sozialdemokraten den Begriff der „Sozialfaschisten“; sie seien sozialistisch nur in Worten, tatsächlich aber Faschisten, die die kapitalistische Bourgeoisie unterstützten. Ernst Thälmann, der KPD- Vorsitzende, setzte noch eines drauf und hielt die sozialistisch getarnten „Sozialfaschisten“ noch 1932 für gefährlicher als die offenen Faschisten Hitlers. Kein Wunder, daß die Kommunisten bei der Anwendung des Faschismus-Vorwurfs fortan kein Halten mehr kannten. Nun waren es Reichskanzler Heinrich Brüning, der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt und seine New-Deal-Politik bis hin zum Führer der jugoslawischen Kommunisten, Josip Broz Tito, und anderen osteuropäischen Kommunisten, die in großen Schauprozessen zu enttarnten Faschisten wurden. 1934/35 hat die Komintern dann zwar einen großen Wechsel ihrer „Generallinie“ vorgenommen – von der Sozialfaschismus-Strategie zur „antifaschistischen Volkfront gegen Faschismus und Krieg“ -, doch ihr grundlegendes Merkmal blieb erhalten: Die Kommunisten sahen sich selbst als den harten Kern des Antifaschismus, sie suchten nun aber in seinem Namen möglichst viele Bundesgenossen zu gewinnen, „fortschrittliche“ Demokraten aus dem Kleinbürgertum, der Bauernschaft und der fortschrittlichen Intelligenz“ im Kampf gegen die „offene, terroristische Diktatur des Faschismus deutschen Schlages“. Die Faschismus/Antifaschismus-Antithese sollte – nicht zuletzt vor der eigenen Anhängerschaft – die innere Nähe, Wesensverwandtschaft und „konfliktgeladene Komplizenschaft“ (François Furet) der beiden totalitären Bewegungen und Ideologien verschleiern, die den sowjetkommunistischen Führern durchaus geläufig war, so daß Nicolai Bucharin 1923 sagen konnte, Mussolinis Faschisten hätten sich „mehr als irgendeine andere Partei die Erfahrungen der russischen Revolution zu eigen gemacht“ und stellten „eine genaue Kopie der bolschewistischen Taktik“ dar. So war es auch möglich, daß der erste Vorsitzende der SPD nach dem Krieg, Kurt Schumacher, die deutschen Sowjetkommunisten der SED widerspruchslos „rotlackierte Nazis“ nennen konnte. Ein anderer Reflex dieser Einsicht der deutschen Linken war die kurzzeitige Erleuchtung von Jürgen Habermas, der 1969 die fortschreitende Radikalisierung der 68er Studentenbewegung als „linken Faschismus“ qualifizierte. Diese Einsicht bleibt in der Tat wichtig, um Wesen und Methoden der heutigen antifaschistischen Kampagnen als Modernisierung vor dem Hintergrund des klassischen Antifaschismus zu verstehen. An seine Stelle sind freilich aktualisierte zugkräftige Parolen und Stigmatisierungen getreten wie etwa „Rassismus“, „Fremdenfeindlichkeit“ oder „Nationalismus“, den man dann mit dem NS-belasteten Adjektiv „völkisch“ verbindet. Es wächst die Erkenntnis, daß ein geistig und historisch-politisch so verunsichertes Volk wie die Deutschen Identität und Halt an einem zugleich kraft- und maßvollen Patriotismus finden muß. Die Zukunft steht im Zeichen einer im besten Sinne konservativen Agenda. Hinzu kommen Tabuerklärungen wie etwa „Geschichtsrevisionismus“ mit dem Bestreben, das „antifaschistische“ Geschichtsbild von 1945 zum unantastbaren historisch-politischen Bewußtseinsinhalt für alle nachfolgenden Generationen zu erklären. Geblieben ist nicht zuletzt die uferlose Ausweitung des Faschismus-Begriffs auf alle möglichen, insbesondere die „getarnten“ Feinde der antifaschistischen Orthodoxie, geblieben ist die Faschismus-Rechtsextremismus-Verdächtigung als Instrument der Einschüchterung und Stigmatisierung der Gegner und nicht zuletzt die hochmoralische Aufladung des politisch-ideologischen Machtkampfes zu einem Gegensatz zwischen Guten und Bösen, den „Anständigen“ und eben den „Rechten“. Damit werden die Gegner zu Feinden, zu Geächteten, moralisch Infizierten, den bekannten „Umstrittenen“, von denen die Anständigen und Gesunden sich fernhalten müssen. Die theologische Erkenntnis vom „Diabolos“, dem „Durcheinanderbringer“, drängt sich auf. Die historische Erfahrung mit dem Sowjetkommunismus zwischen 1945 und 1990 hat gezeigt, wie die „antifaschistisch-demokratische Ordnung“ von den kommunistischen Kader- und Machtergreifungsparteien als Instrument und Vorstufe zur eigenen monopolistischen Machteroberung benutzt wurde, eines totalitären Ideologiestaates mit einer verbindlichen Staats- und Gesellschaftsideologie. Die Erfahrungen der jüngsten Epoche schrecken. Es schreckt daher auch die heutige Schwäche der demokratischen Mitte, sich gegen die periodischen antifaschistischen Kampagnen und ihren geschichtspolitischen Deutungs- und Machtanspruch zu behaupten. Zugleich zeigt sich aber auch, daß dieser Antifaschismus als Ableger der linkstotalitären Weltheilungs- Ideologie selbst reaktionär geworden ist und überwunden werden kann durch die Kräfte der Reform und Erneuerung, die sich auf ihre freiheitlich-antitotalitären Fundamente besinnen. Selbst Habermas, der Prophet allen „Fortschritts“ in Deutschland während der letzten Jahrzehnte, spricht inzwischen von den Grenzen der „naiven Säkularisierungstheorien“ in der „postsäkularen Welt“ und der Notwendigkeit einer erneuernden Begründung der liberalen Gesellschaft durch die religiösen Kräfte. Philosophen wie Odo Marquard betonen den notwendigen Paradigmenwechsel im Zeichen der „Machbarkeitsskepsis“, und Soziologen von David Riesman bis Ralf Dahrendorf machen auf die Notwendigkeit von „Ligaturen“ gegen die grenzenlosen „Optionen“ der Gegenwart aufmerksam. Sie drängen auf eine Überwindung der von Riesman schon 1950 beschriebenen „einsamen Masse“ („lonely crowd“) durch eine Besinnung auf die Personalität des Menschen aus den Kräften der Tradition und Identität. Vor allem außerhalb der etablierten Parteien wächst die Einsicht, daß unsere an Selbstverwirklichung orientierte Single-Gesellschaft nicht zukunftsfähig ist und daß manche Erscheinungen der modernen Massenkultur „den Grundwerten einer freiheitlichen Gesellschaft massiv zuwiderlaufen“ (Paul Nolte). Es wächst die Erkenntnis, daß ein geistig und historisch-politisch so verunsichertes Volk wie die Deutschen Identität und Halt an einem zugleich kraft- und maßvollen Patriotismus finden muß (Matthias Matussek). Die Zukunft steht im Zeichen einer im besten Sinne konservativen Agenda. Ohne die Kräfte des Mutes, der Einsicht und den entschiedenen Willen zur Erneuerung der freiheitlich-antitotalitären Fundamente wird es dabei aber nicht gehen. Prof. Dr. Klaus Hornung lehrte Politikwissenschaften an der Universität Hohenheim. Er ist Mitglied des Präsidiums des Studienzentrums Weikersheim und langjähriger Kolumnist der JUNGEN FREIHEIT. Foto: Ausgrenzung: Durch politische Tabuisierung werden Konservative und Nationalliberale zu Feinden, zu Geächteten, moralisch Infizierten, den bekannten „Umstrittenen“, von denen die Anständigen und Gesunden sich fernhalten müssen

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