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Zwangsurlaub in den Semesterferien

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Die Zeit an der Universität ist seit jeher für viele Studenten ein Lebensabschnitt mit finanziellen Engpässen; davon zeugen nicht zuletzt zahlreiche literarische Belege und Liedtexte, in denen der „schlaffe Beutel“ thematisiert wird. Doch was in der Rückschau etwas verklärt daherkommt, ist in der realen Situation mitunter weniger romantisch und hat auch Einfluß auf Erfolg oder Mißerfolg in der akademischen Ausbildung. Nach der aktuellen „17. Sozialerhebung“, die das Hochschul-Informationssystem (HIS) im Auftrag des Deutschen Studentenwerks herausgab, nehmen Studenten zur Sicherstellung ihrer Lebenshaltungskosten „normalerweise mehr als zwei Finanzierungsquellen in Anspruch“. Laut dieser empirischen Studie arbeiten 68 Prozent der an deutschen Universitäten Immatrikulierten nebenbei, 25 Prozent sind als „de facto Teilzeitstudierende“ ausgewiesen. Allerdings kommen noch immer die Eltern für einen Großteil des Budgets ihrer in der universitären Ausbildung befindlichen Kinder auf. Der Anteil des durch Nebenjobs verdienten Geldes sank der im letzten Jahr veröffentlichten Erhebung zufolge um vier Prozent. Dafür macht das Studentenwerk vor allem den Anstieg der zum Empfang von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) Berechtigten verantwortlich. Diese Zahl ist in den letzten Jahren – seit einer Gesetzesänderung aus dem Jahr 2001 – kontinuierlich gestiegen; nach gerade wieder veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamts erhalten derzeit (Sommersemester 2005) etwa 312.000 Schüler und 497.000 Studenten diese staatliche Förderung, was bei den Studenten einen Zuwachs von drei Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Etwas weniger als die Hälfte der Bafög-Bezieher bekommen die sogenannte Vollförderung, im Durchschnitt erhalten Studenten einen Bafög-Satz von 371 Euro pro Kopf und Monat, ein Betrag, der gegenüber dem des Jahres 2003 nahezu unverändert geblieben ist. Die in einigen Bundesländern anstehenden allgemeinen Studiengebühren bzw. die vielfach bereits eingeführten Studiengebühren für Langzeitstudenten verschlimmern bei nicht wenigen den finanziellen Notstand während des Studiums – selbst wenn diese Gebühren mittelfristig kreditfinanzierbar sind. Stellenmangel besonders in den Semesterferien Da eine ganzjährige Nebenbeschäftigung oftmals nicht mit den universitären Lehrveranstaltungen vereinbar ist, versuchen viele Studenten, ihr Salär mit Jobs in den Semesterferien aufzubessern. Das gilt auch besonders für diejenigen, die nicht dauerhaft für den eigenen Lebensunterhalt sorgen müssen, sondern sich nur etwas dazuverdienen wollen, um beispielsweise größere Anschaffungen oder eine Urlaubsreise bezahlen zu können. Doch genau solche Ferienjobs werden immer rarer. Besonders in Bereichen der Industrie sind die Angebote kurzfristiger Beschäftigung immer weiter zurückgegangen, gleiches gilt für den Bausektor oder das Dienstleistungsgewerbe. Hinzu kommt, daß in klassischen Universitätsstädten wie Jena, Münster, Marburg oder Göttingen die durch eine relativ große Studentenzahl verursachte Nachfrage höher ist als das Angebot der dort nicht gerade üppig angesiedelten Industriebetriebe. „Aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Situation konnten wir in diesem Jahr keine Ferienjobs anbieten“, ist eine Standardaussage der Personal-Abteilungen. Zudem werden nicht selten Praktikantenplätze statt bezahlter Studentenjobs bevorzugt. Der Vorteil liegt für die Unternehmen auf der Hand. So können sie die gleiche qualitative Klientel, die für die Arbeitssuche nach dem Studium vom Nachweis möglichst vieler Praktika abhängig ist, kostenlos für mehr oder weniger kurzfristige Tätigkeiten gewinnen. Doch selbst große Betriebe wie etwa der Automobilhersteller Volkswagen, der sonst in der Urlaubszeit gerne Schüler oder Studenten für Aushilfstätigkeiten einstellte, üben jetzt Zurückhaltung. „Die Chancen, mit klassischer Ferienarbeit Geld zu verdienen, stehen nicht gut“, so der Sprecher einer Industrie und Handelskammer (IHK) im Land Brandenburg. Die lokalen Arbeitsagenturen oder Jobvermittlungen bestätigen dieses Phänomen. Zwar hat das Deutsche Studentenwerk (DSW) keine eigenen Langzeiterhebungen darüber angefertigt, es seien jedoch durch Nachfragen bei den Arbeitsvermittlungen vor Ort „Trendeinschätzungen“ vorgenommen worden, so ein Sprecher des DSW gegenüber der jungen freiheit. Und diese Einschätzungen bestätigen das rückläufige Angebot an Ferienjobs. Ähnlich sieht man es bei der Internet-Stellenvermittlung „Jobber“. Ein Mitarbeiter der Firma, die monatlich etwa 11.000 Bewerbungen von Studenten oder akademischen Berufsanfängern an Unternehmen weiterleitet, schränkt den Rückgang allerdings auf unqualifizierte Tätigkeiten ein. Je höher die Ansprüche des Anbieters und die Qualifikation des Bewerbers, desto größer sei auch das Angebot, hieß es bei „Jobber“ auf Anfrage dieser Zeitung. Vor allem gelte dies für den Bereich der Informations-Technologie. Und: Wer vor dem Studium eine Ausbildung absolvierte, hat größere Chancen, einen Job in dem erlernten Beruf – etwa als Urlaubsvertretung in der Ferienzeit – zu erhalten. „Mini-“ und „Ein-Euro-Jobs“ sind die Konkurrenz Die Begründungen für die rückläufigen Angebote gerade in den „klassischen“ Bereichen für Aushilfstätigkeiten sind vielfältig. Zum einen, so heißt es bei den Unternehmen, machten konjunkturelle Schwierigkeiten und eine schlechte Auftragslage einen Mehrbedarf an saisonalen Arbeitskräften überflüssig. Zum anderen, so ein weitaus häufiger gehörtes Argument, herrsche gerade im Niedriglohnsektor ein heftiger Verdrängungswettbewerb. Dies hat vor allem mit der Umsetzung der Arbeitsmarktreformen zu tun. Bisher waren für „einfache“ Tätigkeiten studentische Hilfskräfte gerade wegen ihrer günstigen Stellung in den Sozialversicherungen für viele Firmen attraktiv. Mit der Einführung der sogenannten „Mini-Jobs“ fällt dieser Vorteil weg. Bietet ein Unternehmen Arbeitsplätze für solche sozialversicherungsfreien Tätigkeiten (bis 400 Euro Verdienst im Monat) an, kommen zunächst Arbeitslose für eine Vermittlung in Frage, schon allein um die Arbeitslosenzahlen zu senken. Nach einer Statistik der Deutschen Bundesbank wächst seit den letzten Jahren die Zahl der Teilzeitbeschäftigten, von denen mehr als die Hälfte nicht sozialversicherungspflichtig sind. Steigt diese Zahl allein aus Gründen der Bereinigung der Arbeitslosenstatistik weiter an, werden sich die Chancen für Studenten (und Schüler), die unter den gut sechs Millionen geringfügig Beschäftigten ohnehin weniger als ein Fünftel ausmachen, mit solchen Tätigkeiten Verdienstmöglichkeiten zu finden, weiter verschlechtern. „Es kann durchaus sein, daß hier Verdrängungseffekte eintreten“, stellte dazu eine Vertreterin des Brandenburgischen Arbeitsministeriums fest. Betroffen davon ist vor allem der Dienstleistungssektor. Bei Tätigkeiten im Bereich Paketzustellung etwa oder gerade in sogenannten „Call-Centern“ macht sich diese Konkurrenzsituation bemerkbar. Unternehmen können hier oftmals unter einer großen Zahl von Bewerbern auswählen. Zwar würden laut Bundesbank-Statistik viele (unfreiwillige) „Mini-Jobber“ lieber einen regulären Arbeitsplatz annehmen, die konjunkturelle Lage auf dem Arbeitsmarkt einerseits und die Vorzüge solcher Angebote für die Firmen andererseits lassen aber so schnell wohl keine Trendwende erkennen. „Mini-Jobber“ haben gegenüber Studenten aus Sicht der Firmen den Vorteil, daß sie ganzjährig einsetzbar sind und nicht auf die Semesterferien beschränkt. Selbst wer während des Semesters arbeiten möchte, ist zeitlich unflexibler, da Rücksicht auf den Stundenplan genommen werden muß. In öffentlichen – und damit auch universitären – Einrichtungen kommen noch als Konkurrenten die „Ein-Euro-Jobs“ hinzu. Dies verringert beispielsweise die Möglichkeit, als studentische Hilfskraft in Bibliotheken zu arbeiten. Tätigkeitsangebote für wissenschaftliche Hilfskräfte nehmen aufgrund der angespannten Finanzsituation an den Universitäten ebenfalls ab; sie werden im übrigen häufig auf mehrere schlechter bezahlte Stellen aufgeteilt und beziehen sich meist auf einen längeren Zeitraum als nur die Semesterferien. Selbst die Gastronomie fragt kaum noch nach Nebenjobs Stellen Firmen auch weiterhin hauptsächlich Studenten ein, so geht auch hier der Trend zu einer längerfristigen Beschäftigungsdauer. Dies ist vor allem in der Gastronomie zu beobachten. Die Arbeitgeber erhoffen sich dadurch eine Verstetigung und Flexibilisierung, außerdem können sie nicht immer auf die Zeiträume der Semesterferien Rücksicht nehmen. In Gebieten mit touristischem Schwerpunkt, etwa an der deutschen Nord- oder Ostseeküste, beginnt die Hauptsaison bereits im Mai und nicht erst Mitte Juli, wenn die meisten Studenten Semesterferien bekommen. In den Universitätsstädten mit ihrer dem meist jüngeren Publikum angepaßten hohen Kneipendichte ist ohnehin ganzjährig Saison; damit gilt gerade hier, daß der Nebenjob eher eine Dauerbeschäftigung bedeutet. Das Deutsche Studentenwerk sieht diesen Trend mit Unbehagen: „Viele Studierende haben Zeitkonflikte, wenn es darum geht, Studium und Erwerbsarbeit miteinander zu vereinbaren.“ Dies führe, so DSW-Präsident Hans-Dieter Rinkens, „schon jetzt sehr oft zu einer Verlängerung der Studienzeit“. Angesichts der geplanten Stu-dienstrukturreform, das heißt der Einführung der Abschlüsse „Bachelor“ und „Master“ könnten sich diese Zeitkonflikte noch verstärken. Stichwort: Studentenarbeit An den einhundert Universitäten und 266 anderen Hochschulen in Deutschland waren im Wintersemester 2003/2004 insgesamt 2.016.231 Studenten immatrikuliert. Davon erhielten im gleichem Semester 474.566 Studenten Bafög. Die Möglichkeit, sein Studium durch eine Nebenbeschäftigung oder durch Arbeit in den Semesterferien zu finanzieren, hat sich jedoch in den letzten Jahren verschlechtert. Jeder studentische Nebenjob darf höchstens zwei Monate oder nicht mehr als 50 Arbeitstage lang ausgeübt werden – andernfalls werden Sozialabgaben fällig. Bei einem Verdienst von mehr als 7.680 Euro netto im Jahr erlischt zudem der Anspruch auf Kindergeld. Bei den Arbeitsagenturen werden Interessierte kaum fündig, da nur selten Bedarf bei den Behörden angemeldet wird. Internetbörsen versprechen höhere Trefferquoten: www.studentenjobs.de ; www.jobpilot.de ; www.jobber.de oder www.studentenjobs24.de

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