MÜNSTER. Der amerikanische Militärhistoriker William S. Lind warnt vor einer schleichenden Ideologisierung der Gesellschaft durch die Umbenennung von Straßen und Plätzen. Diese ziele darauf, die Menschen von ihren Bindungen zur Vergangenheit abzutrennen und ihnen so die Basis zu nehmen, auf derer sie die Gegenwart beurteilen könnten, sagt Lind in einem Interview mit der heute in Berlin erscheinenden Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT.
Paul von Hindenburg habe für die Deutschen seiner Zeit eine große Bedeutung gehabt. Dies solle man respektieren. Hindenburg schlicht als „problematisch“ zu betrachten und deshalb einen nach ihm benannten Platz in Münster umzubenennen, sei „unhistorisch und ungerecht“, so Lind. „Die Leute damals waren nicht einfach alle Rechtsextreme, sondern lebten in einer anderen Zeit und in einer anderen Welt. Und tatsächlich haben sie meist Großartiges geleistet, ja sie haben schließlich erst die Entwicklung unserer heutigen Welt möglich gemacht“, erklärt der Militärhistoriker.
Die Vorstellung, die Vergangenheit heute nachträglich – beispielweise durch Platz-Umbenennungen – korrigieren zu können, sei Ausweis ideologischen Denkens. Dabei gehe es um die Reprogrammierung unserer Erinnerung. Hingegen sei „ein Bekenntnis dazu, die Vergangenheit so anzunehmen, wie sie nun mal historisch war, ein Ausweis für Freiheit“, erklärt Lind.
William S. Lind: Der amerikanische Militärhistoriker publizierte zahlreiche Bücher und Zeitungsbeiträge, unter anderem in der Washington Post, New York Times, Los Angeles Times und der Zeitung des US-Marinekorps, der Marine Corps Gazette.