BERLIN. Der verteidigungspolitische Sprecher der AfD im Bundestag, Rüdiger Lucassen, hat den thüringischen Partei- und Landtagsfraktionschef Björn Höcke aufgrund seiner ablehnenden Haltung zur Wehrpflicht öffentlich scharf kritisiert. „Sie steht im Grundsatzprogramm unserer Partei“, schrieb der Bundestagsabgeordnete auf dem Kurznachrichtendienst X am Freitag. „Sie steht in jedem Bundestagswahlprogramm, ist in einer parteiinternen Umfrage mit über 70 Prozent bestätigt worden und auf der Klausurtagung von der Bundestagsfraktion im Sommer abermals bestätigt worden. Du ignorierst das einfach“, wandte sich Lucassen an den Landtagsabgeordneten persönlich.
Die Fraktionen auf Bundes- und Landesebene seien verpflichtet, die Programmatik der Partei umzusetzen. Der Weg, diese zu ändern, bestünde nicht darin, Mitglieder des eigenen Landesverbandes kurz vor Beschluß in der Fraktion zu entsenden und die Inhalte der AfD anzugreifen. „Das erzeugt Unfrieden und spaltet“, attackierte Lucassen den Thüringer AfD-Chef.
Auch im Bundestag spricht Lucassen über Höckes Kritik
Damit reagierte der Verteidigungspolitiker auf eine Rede Höckes im Thüringer Landtag vom Mittwoch. „Darin fragst Du rhetorisch, ob der junge Mann für Drag Queens im Kindergarten kämpfen soll? Nein, das soll er nicht. Aber für die Kinder soll er kämpfen.“ Lucassen warf ihm vor, „Fundamentalopposition“ als Gegenstück zur „konstruktiven Opposition“ zu betreiben. Damit lasse sich auf Dauer keine „durchhaltefähige Politik“ machen.
Lieber @BjoernHoecke, nach meiner Bewertung liegt unser Dissens in der Beschreibung des Weges, nichts des Ziels zur Übernahme von Regierungsverantwortung für Deutschland. Darüber zu sprechen, lohnt sich immer. Du wendest Dich in Deiner Rede gegen die Wehrpflicht. Sie steht im…
— Rüdiger Lucassen, MdB (@MdB_Lucassen) December 5, 2025
Bereits am Vormittag hatte der Verteidigungspolitiker in seiner eigenen Rede im Bundestag zum sogenannten „Neuen Wehrdienst“ Bezug auf Höckes Bemerkungen genommen. „Was hätten wohl die Männer und Frauen der Befreiungskriege dazu gesagt? Sie wären diesem Befund niemals gefolgt.“ Der Thüringer AfD-Chef beklagte daraufhin, er habe sich in den vergangenen zwölf Jahren „viele Anwürfe“ gefallen lassen. „Der Vorwurf mangelnder Vaterlandsliebe war allerdings nicht darunter.“ Gleichwohl müsse klar sein, Deutschland werde nicht von außen existentiell bedroht, sondern von innen.
„Der Kern des Gesetzes sieht lediglich vor, dass die Attraktivität des freiwilligen Dienstes in der Bundeswehr gesteigert werden soll – und das nun zum x-ten Mal.
Mit dem Wehrdienstmodernisierungsgesetz macht die Bundesregierung das, was sie immer tut, wenn sie Probleme nicht an… pic.twitter.com/wxxcMNCoR0— AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag 🇩🇪 (@AfDimBundestag) December 5, 2025
Hinter den Kulissen geht es seit Monaten hoch her
Am Mittwoch hatte Höcke vor diesem Hintergrund gegen die Wehrpflicht plädiert. „Bevor auch ein einziger junger Mensch in diesem Land zwangsweise wieder in Uniform antreten soll, muß dieser Staat endlich wieder ein Staat für die Deutschen werden.“ Er warf den Parteien „von CDU bis Linke“ vor, den Patriotismus zu verachten, den es dafür benötige. „Die Menschen draußen spüren, daß es eben nicht um die Verteidigung der eigenen Lebensart geht.“ Neben „Drag-Queen-Auftritten in Kindergärten“ zählte er in diesem Zusammenhang unter anderem die „Deindustrialisierung“, die „Plünderung der Sozialversicherungssysteme“, den „Schuldstolz“ und die Einwanderungspolitik auf.
Seit Monaten tobt in der AfD-Bundestagsfraktion ein Streit um die Haltung zur Wehrpflicht (JF-Hintergrundbericht). Vor allem Bundestagsabgeordnete aus den Ostverbänden wie Thüringen wenden sich öffentlich dagegen. Im Oktober war bekanntgeworden, daß ein Kompromißantrag Lucassens zu Auslandseinsätzen, der die Bedenken der Kritiker miteinbeziehen sollte, auf Druck des Partei- und Fraktionschefs Tino Chrupalla zurückgenommen worden war. (kuk)





