BERLIN. Die Entscheidung des Koalitionsausschusses, die Stromsteuer nicht umfassend abzusenken, hat für massive Kritik in Verbänden und Politik gesorgt. „Damit bricht die Regierungskoalition ihr Versprechen“, klagte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Jörg Dittrich. Gerade viele Handwerksbetriebe hätten auf die Zusage vertraut und damit geplant.
Der Präsident des Groß- und Außenhandelsverbandes BGA, Dirk Jandura, nannte das Ergebnis des Koalitionsausschusses „ernüchternd“: „Für überflüssige Rentengeschenke gibt es genug Geld. Für die signifikante Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bleibt zu wenig übrig.“ Damit nimmt Jandura auf den Beschluß des Koalitionsausschusses Bezug, wonach die Ausweitung der Mütterrente bereits früher umgesetzt wird, als ursprünglich erwartet.
„Keine Stromsteuersenkung, dafür Abgabenorgie bei der Rente“, faßte derweil der Geschäftsführer der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Thorsten Alsleben, die Ergebnisse zusammen. „Angesichts der wirtschaftlichen Lage und der dringend notwendigen Herstellung der Demographiefestigkeit in der Rentenversicherung sind die Beschlüsse des Koalitionsausschusses ein Dokument der Realitätsverweigerung.“
Keine Stromsteuersenkung, dafür Ausgabenorgie bei der Rente. Angesichts der wirtschaftlichen Lage und der dringend notwendigen Herstellung der Demografiefestigkeit in der Rentenversicherung sind die Beschlüsse des Koalitionsausschusses ein Dokument der Realitätsverweigerung. pic.twitter.com/JvqwYEpfNn
— Thorsten Alsleben 🇩🇪🇮🇱🇺🇦 (@BerlinReporter) July 2, 2025
CDU zeigt auf Finanzminister Klingbeil
Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel kritisierte, Merz habe „kein einziges seiner Wahlversprechen“ gehalten. Linken-Chefin Ines Schwerdtner sprach von einem „Theater“ der CDU, das „eine Beleidigung für die hart arbeitenden Menschen“ sei. Die Chefin der grünen Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, sieht ebenfalls ein gesprochenes Versprechen der CDU. „Die Bürger merken sich das, da bin ich ganz sicher“, sagte sie im ARD-Morgenmagazin.
Widerstand regt sich auch in der CDU. „Der SPD-Finanzminister macht Rekordschulen, aber er hat keine fünf Milliarden für die Entlastung der privaten Stromrechnung und des Mittelstandes“, monierte der Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban. „Das kann man schwer erklären.“ Der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels und EU-Abgeordnete Dennis Radtke konstatierte in der Bild, die Stromsteuersenkung für alle sei „ein zentrales Versprechen“ im Wahlkampf gewesen.
Das Ergebnis ist für viele Menschen enttäuschend. Der @spdde-Finanzminister macht Rekordschulden, aber er hat keine 5 Milliarden für die Entlastung der privaten Stromrechnung und des Mittelstandes. Das kann man schwer erklären. (1/2)#Stromsteuer pic.twitter.com/lAEoBloJ1W
— Tilman Kuban (@TKuban96) July 3, 2025
Derweil verteidigte Unionsfraktionschef Jens Spahn die Entscheidung im ARD-Morgenmagazin: „Wir halten gemeinsam an dem Ziel fest, die Stromkosten für alle deutlich zu senken. Wir wollen aber eben auch solide Finanzen.“ Er verwies auf „drei Jahre der Rezession“. Durch Entlastung bei den Netzentgelten und den Gaspreisen werde eine vierköpfige Familie „immerhin“ um 150 Euro jährlich entlastet.
Bas: Breitere Stromsteuersenkung ist „festes Ziel“
Auch die neue SPD-Chefin Bärbel Bas stellte sich vor das Ergebnis: „Wir haben ja Leistungen drin, die auch die Verbraucher entlasten bei den Energiepreisen.“ Es sei wichtig gewesen, zuerst die Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaft anzukurbeln. „Wir haben jetzt erstmal die Priorität auf die Wirtschaft gelegt.“ Wenn es dann auch die finanziellen Spielräume gebe, wolle man die Stromsteuer umfassender absenken. Das sei ein „festes Ziel“. Insofern sei das Versprechen auch nicht gebrochen.
Das Papier des Koalitionsausschusses von Union und SPD hält fest, daß Verbraucher von den Kosten der Gasspeicherumlage entlastet, die Absenkung der Stromsteuer „für produzierende Unternehmen“ verstetigt und Verbraucher bei den Netzentgelten entlastet werden sollen. Man sei sich aber einig „daß weitere Entlastungsschritte – insbesondere eine Senkung der Stromsteuer für Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die gesamte Wirtschaft – folgen sollen, sobald hierfür finanzielle Spielräume bestehen“.
Im Koalitionsvertrag heißt es dagegen, für „schnelle Entlastungen um mindestens fünf Cent pro kWh“ werde man „in einem ersten Schritt“ die Stromsteuer „für alle so schnell wie möglich“ auf das europäische Mindestmaß senken. Zugleich hält der Vertrag fest, alle in ihm festgeschriebenen Maßnahmen stünden unter Finanzierungsvorbehalt. (ser)