BERLIN. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird am Dienstag bei der Verleihung des Deutschen Schulpreises in Berlin-Adlershof eine Rede halten, in der er vor den Gefahren der „sozialen Medien“ warnt und eine Debatte über die Verantwortung der Plattformbetreiber fordert. Das geht aus dem Redemanuskript hervor, über das T-Online berichtet.
Das Staatsoberhaupt will in seiner Rede darauf hinweisen, daß jeder Chefredakteur einer Zeitung für Inhalte geradestehen müsse, doch im digitalen Raum fehle es an klarer Verantwortlichkeit. „Ihrer Verantwortung für Haß und Hetze, für die erniedrigende Darstellung von Menschen, für die Verbreitung von Lügen und Verschwörungsglauben“, so der Bundespräsident, dürften sich die Betreiber nicht länger entziehen. Schärfere Regeln und Konsequenzen für Verstöße seien notwendig.
Steinmeier sieht mentale Schäden
Soziale Medien seien allgegenwärtig und würden gerade bei jungen Menschen zu massiven mentalen und gesundheitlichen Schäden führen, heißt es darin. Laut Daten der Weltgesundheitsorganisation, auf die sich Steinmeier beruft, zeige mehr als jeder zehnte Jugendliche in Europa bereits Anzeichen eines problematischen Verhaltens im Hinblick auf die Netzwerke.
Eine Forsa-Studie habe zudem schon vor Jahren gesundheitliche Probleme wie Schlafmangel und Realitätsflucht nachgewiesen. Laut einer Untersuchung mit dem Titel „Lauter Haß – leiser Rückzug“ wurde bereits jeder zweite Deutsche im Internet beleidigt. Ein Viertel berichtete von Drohungen mit körperlicher Gewalt, 13 Prozent von sexualisierter Gewalt. Über die Hälfte der Befragten gab an, sich aus Angst im Netz seltener zur eigenen politischen Meinung zu bekennen.
Kritisch wird sich Steinmeier auch zum Einfluß von TikTok, Instagram, Snapchat oder X auf Familien äußern. Diese hätten sich „weniger heimlich als unheimlich“ zwischen Eltern, Kinder und Schule geschoben. Ein Smartphone-Verbot in Grundschulen begrüße er ausdrücklich, doch reiche das nicht aus. Auch ältere Schüler müßten besser vor Mobbing und Polarisierung geschützt werden.
Der Bundespräsident meint, junge Menschen könnten nur durch praktische Erfahrungen lernen, sich in der Demokratie zu behaupten – sowohl in realen Diskussionen als auch in sozialen Netzwerken. (rr)