BERLIN. Aktuell betreiben insgesamt 73 ehemalige Bundestagsabgeordnete Lobbyarbeit. Die meisten von ihnen sind Mitglieder der Union und der SPD, wie aus Recherchen des ZDF hervorgeht. Zusätzlich lobbyieren 492 ehemalige Mitarbeiter von Bundestags-Parlamentariern.
Die Sprecherin der Organisation Abgeordnetenwatch, Sarah Schönewolf, erklärte diese Entwicklung mit der „großen Vertrauensebene“, die unter ehemaligen Parteifreunden bestehe. „Diese Vertrautheit macht den Zugang für Unternehmen sehr viel einfacher.“
Auch vier ehemalige Minister befinden sich unter den Lobbyisten. Einer davon ist der ehemalige Außenminister Heiko Maas (SPD), der für die saarländische Stahlindustrie als Interessenvertreter tätig ist. Ex-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer lobbyiert aktuell für Lotteriegesellschaften. Die aktuelle Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) war bis einen Tag vor ihrem Amtsantritt im Lobbyregister eingetragen – als Interessenvertreterin eines Tochterkonzerns des Energieunternehmens Eon. Digitalminister Karsten Wildberger (CDU) ist bis heute Lobbyist für den CDU-nahen Wirtschaftsrat.
Das Lobbyregister beleuchtet nur das Hellfeld
Gemessen an der Anzahl von Bundestagsabgeordneten wechselten in den vergangenen fünf Jahren die meisten SPD- und Unionsmitglieder aus der Politik in den Lobbyismus. Aktuell ist etwa jeder siebte ehemalige Parlamentarier von SPD und Union im Lobbyregister vermerkt.
Knapp dahinter folgt die FDP: Etwa jeder Achte, der im Juli 2020 ausgeschieden ist, arbeitet inzwischen als Interessenvertreter in der freien Wirtschaft. Bei den Grünen sind es in absoluten Zahlen lediglich fünf Personen, bei der Linkspartei nur eine.
Das Lobbyregister betrachtet nur das legale Hellfeld von Lobbyarbeit. Verantwortlich für Eintragungen in die Liste sind die betroffenen Unternehmen. Bei Verstößen drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 50.000 Euro. (st)