BERLIN. Die AfD hat die Aufhebung des „Compact“-Verbots durch das Bundesverwaltungsgericht gelobt. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Ronald Gläser sprach gegenüber der JUNGEN FREIHEIT von einem „historischen Sieg für die Presse- und Meinungsfreiheit“. Es sei „ein klares Signal an die Bundesregierung, daß ihre autoritären Bestrebungen, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, zum Scheitern verurteilt sind“, sagte das Mitglied im Kultur- und Medienausschuß des Bundestags. Dabei schütze die Meinungsfreiheit auch radikale und kontroverse Ansichten, solange sie nicht strafrechtlich relevant seien.
Wichtiger Erfolg am Bundesgericht:
Letzte Woche habe ich mich mit Ulrich Vosgerau über die Compact-Klage ausgetauscht.
Soeben hat er den Sieg errungen.Die Pressefreiheit ist nicht verhandelbar. pic.twitter.com/SSvwBniPZM
— Ronald Gläser, MdB (@ronaldglaeser) June 24, 2025
Das Vereinsgesetz als Werkzeug zu mißbrauchen, um ein Presseorgan zu verbieten, sei nicht nur rechtlich fragwürdig gewesen, sondern ein direkter Angriff auf die „Säulen unserer Demokratie“. Laut Gläser gehe der Kampf um die Grundrechte weiter. „Zensurmaßnahmen wie Vereinsverbote darf es nicht mehr geben. Medienanstalten dürfen nicht zu Zensurbehörden ausgebaut werden. Das Lizenzierungssystem der Medienstaatsverträge für erfolgreiche Blogger ist abzuschaffen. Rundfunkbeiträge dürfen nicht zur Diffamierung kritischer Meinungen mißbraucht werden. Alle Medienhäuser, Journalisten und Bürger müssen wachsam bleiben.“
Auch der frühere Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) äußerte scharfe Kritik am Vorgehen von Faeser. Sie habe „großen Schaden angerichtet“ und „kein Gespür für die Tragweite der Meinungsfreiheit“ gezeigt. Das Bundesverwaltungsgericht betone zu Recht, daß das Grundgesetz im Vertrauen auf die Kraft der freien gesellschaftlichen Auseinandersetzung selbst Feinden der Freiheit die Meinungs- und Pressefreiheit garantiere. Ebenso stelle es klar, daß die Vereinigungsfreiheit grundsätzlich auf die freie Gruppenbildung und den offenen politischen Diskurs setze. „Letztlich attestiert das Gericht Frau Faeser mit ihrem mangelnden Verständnis einen Verfassungsbruch“, schlußfolgert Kubicki. „Gut, daß sie nicht mehr im Amt ist.“
Innenministerium erfreut: Vereinsverbote grundsätzlich zulässig
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) äußerte sich hingegen zwiegespalten. „Wir nehmen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Kenntnis. Die Argumente für ein Vereinsverbot waren in diesem Fall für das Gericht nicht ausreichend. Mein Haus wird das Urteil sorgfältig auswerten“, sagte Dobrindt am Dienstag.
Ein Sprecher des Innenministeriums betonte zudem, das Gericht habe bestätigt, daß Vereinsverbote auch auf Medienunternehmen anwendbar seien. Das frühere Verbot von Compact stelle demnach „keine unzulässige Vorzensur“ dar und gefährde die Pressefreiheit nicht. Zudem verstoße das Magazin laut Gericht „gegen die Menschenwürde von Personen mit Migrationshintergrund und damit gegen die verfassungsmäßige Ordnung“. Die Richter hätten lediglich entschieden, daß diese Agitation nicht als prägend genug für ein Verbot einzustufen sei.
Das Ministerium respektiere die Entscheidung und werde die schriftliche Urteilsbegründung nach Vorlage sorgfältig auswerten, teilte der Sprecher mit.
Journalisten-Gewerkschaften zwiegespalten
Kritik an der Entscheidung der Leipziger Richter kam zudem vom ehemaligen Grünen-Bundestagsabgeordneten Volker Beck. „Das Urteil hörte sich in weiten Teilen eher wie eine Begründung des Verbots an“, schrieb der Ex-Politiker auf dem Kurznachrichtendienst X. „Insofern überzeugt mich das Ergebnis nicht vollständig.“
Auch Journalisten-Gewerkschaften bewerteten das Urteil als Bestätigung der Pressefreiheit. Der DJV-Vorsitzende Mika Beuster sprach von einer „Bekräftigung des hohen Stellenwerts“ des Grundrechts, mahnte jedoch: Compact verbreite Inhalte, „die mit den journalistischen Standards nichts am Hut haben“. Ein Verbot ganzer Magazine müsse das letzte Mittel bleiben. Der dju-Co-Vorsitzende Lars Hansen betonte, die Pressefreiheit gelte „nicht nur für jene, deren Inhalte wir teilen“. Das Urteil zeige, daß der Rechtsstaat funktioniere – auch gegenüber extremen Positionen. Zugleich warnte Hansen vor einem „Einfallstor für politische Willkür“.
Compact-Verbot für rechtswidrig erklärt
Am Dienstagvormittag hatte das Bundesverwaltungsgericht nach knapp einem Jahr das Verbot der Zeitschrift von Jürgen Elsässer endgültig aufgehoben. Die von der Bundesregierung als Verbotsgrund aufgeführten migrationskritischen Äußerungen sowie Kritik an der Corona-Politik, die vom Magazin bedienten „Verschwörungstheorien und geschichtsrevisionistischen Betrachtungen“ genössen den Schutz des Artikels 5 des Grundgesetzes und rechtfertigten ein Vereinsverbot nicht, teilten die Richter mit.
Zugleich betonte das Bundesverwaltungsgericht, die von Compact verteidigten Vorstellungen des Remigrationskonzepts von Martin Sellner mißachteten, soweit sie zwischen deutschen Staatsangehörigen mit und ohne Migrationshintergrund unterscheiden, das „sowohl durch die Menschenwürde als auch das Demokratieprinzip geschützte egalitäre Verständnis der Staatsangehörigkeit“. Auch handele es sich bei Compact nicht um ein Presse- und Medienunternehmen. Vielmehr verfolge Elsässer „nach seinem eigenen Selbstverständnis eine politische Agenda, organisiert Veranstaltungen sowie Kampagnen und versteht sich als Teil einer Bewegung, für die er auf eine Machtperspektive hinarbeitet“.
Dennoch sei ein Vereinsverbot mit „Blick auf das das gesamte Staatshandeln steuernde Prinzip der Verhältnismäßigkeit nur gerechtfertigt, wenn sich die verfassungswidrigen Aktivitäten für die Vereinigung als prägend erweisen“. Dies sei bei Compact allerdings nicht der Fall. (kuk, sv, st)