BERLIN. Die heutige Bundestagssitzung ist die 19. der aktuellen Legislaturperiode – und sie ist die letzte vor der Sommerpause. Durch die im Vorfeld heftig diskutierte Wahl von drei neuen Richtern des Bundesverfassungsgerichts zieht sie große Aufmerksamkeit auf sich, obwohl die Tagesordnung einen absolut unspektakulären Eindruck macht.
Es stellt sich die Frage, was passiert, wenn die von der SPD aufgestellten linken Jura-Professorinnen Ann-Katrin Kaufhold und Frauke Brosius-Gersdorf nicht gewählt werden. Bricht dann die Koalition? Und umgekehrt: Bekommt der Kandidat des Bundesverfassungsgerichts, Günter Spinner, den die Union als ihren Vorschlag übernommen hat, die nötige Mehrheit?
Die Formalien
Die Wahlen sind geheim. Anders als in Medien und Gesellschaft wird der Bundestag nicht über die Vorschläge diskutieren. Die Abstimmungen finden ohne jede Aussprache statt.
Zum Richter ist gewählt, wer eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten erhält. Diese liegt, wenn alle Parlamentarier abstimmen würden, bei 420. Mindestens muß bei zwei Dritteln Zustimmung eine absolute Mehrheit aller Bundestagsabgeordneten für die Vorschläge stimmen. Das wären 316 Stimmen.
Die schwarz-rote Koalition verfügt nur über eine knappe einfache Mehrheit. Sie ist daher auch auf die Stimmen von Grünen und Linken oder – was die Regierung strikt ablehnt – der AfD angewiesen. Die zweitstärkste Fraktion hat ihre Zustimmung zu Spinner bereits signalisiert, die anderen beiden lehnt sie als „linke Aktivistinnen“ ohne die notwendige Neutralität ab.
Der Zeitplan
Die Sitzung beginnt um 9 Uhr. Eine Stunde vorher hat Unions-Fraktionschef Jens Spahn zu einer Sondersitzung der CDU- und CSU-Abgeordneten geladen. Erklärtes Ziel: Die Abweichler auf Kurs zu bringen. Auch Kanzler Friedrich Merz wird an der Sitzung teilnehmen und mit seiner Autorität versuchen, die Unions-Parlamentarier zu einem geschlossenen Votum für die aktivistischen SPD-Kandidatinnen zu bewegen.
Die Fraktionsführung hat eine Liste mit Abgeordneten erstellt. Diese wurden in die Kategorien „Hat Bedenken signalisiert“ und „Hat starke Bedenken signalisiert“ eingeordnet und sollen speziell bearbeitet werden. Insgesamt gelten rund 50 der 208 Unions-Parlamentarier als Wackelkandidaten.
Unmittelbar nach der Eröffnung der Bundestagssitzung würdigt das Parlament zunächst den „30. Jahrestag des Völkermords von Srebrenica“. Dafür sind 70 Minuten angesetzt.
10:10 Uhr: Erster Wahlgang zum Verfassungsgericht
Um 10:10 Uhr wird es dann erstmals spannend. Der Bundestag stimmt über den Wahlvorschlag der Union, Günter Spinner, ab. Er soll Nachfolger für den Richter des Bundesverfassungsgerichts im Ersten Senat, Josef Christ, werden.
Danach, um 10:15 Uhr, steht der Punkt „Arbeit und Soziales“ mit 105 Minuten Dauer auf der Tagesordnung.
12 Uhr: Entscheidung über Brosius-Gersdorf
Erst um 12:00 Uhr wird die Wahl zum Bundesverfassungsgericht fortgesetzt. Jetzt befinden sich Brosius-Gersdorf und Kaufhold auf den Zetteln. Kaufhold soll den Richter des Bundesverfassungsgerichts im Zweiten Senat, Ulrich Maidowski, ersetzen. Und Brosius-Gersdorf soll die Nachfolgerin der Richterin des Bundesverfassungsgerichts im Zweiten Senat, Doris König, werden.
Schon fünf Minuten später, um 12:05 Uhr, soll das Plenum über das „Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität“ diskutieren. Dafür sind eine und eine dreiviertel Stunde angesetzt.
Um 13:50 Uhr soll die Sitzung beendet werden und die Abgeordneten in die Sommerferien gehen. (fh)