BERLIN. Abgeordnete der CDU, SPD und Grünen haben sich erneut gegen eine Wahl von AfD-Vertretern in das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) der Nachrichtendienste ausgesprochen. „Die AfD ist eine Sicherheitsgefahr auch für die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit unseren Partnern“, sagte der stellvertretende PKGr-Vorsitzende Roderich Kiesewetter (CDU) dem Tagesspiegel. Käme es zur Wahl eines AfD-Parlamentariers, „wäre der außen- und sicherheitspolitische Schaden immens“.
Laut Kiesewetter sei Deutschland „bei der Terrorabwehr und transnationalem Terrorismus sowie Kriminalität auf den Informationsaustausch mit unseren Partnern angewiesen“. Nach Ansicht des Christdemokraten wirke die AfD als „verlängerter Arm des Kremls“ und sei „antidemokratisch und in Teilen rechtsextremistisch“. Daher dürften AfD-Abgeordnete nicht in das Gremium gewählt werden. „Es droht ansonsten ein Informationsfluß, Spionage oder auch Einflußnahme ausländischer Staaten.“
„Die SPD wird hier bei jeder Kandidatur der AfD mit Nein stimmen“
Ähnlich äußerte sich auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner. „Es ist völlig ausgeschlossen, daß AfD-Vertreter Mitglieder im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) werden“, sagte PKGr-Mitglied Stegner dem Blatt. „Die SPD wird hier bei jeder Kandidatur der AfD mit Nein stimmen, und ich setze darauf, daß CDU/CSU und Grüne die AfD ebenso fernhalten werden.“
In den Augen des Sozialdemokraten bekämpfe die AfD die Demokratie – national wie international. Daher dürfe sie keinen Zugang zum PKGr bekommen. „Das PKGr will die Demokratie vor ihren Feinden schützen. Es wäre ein Widerspruch an sich, säßen Feinde der Demokratie in diesem Gremium.“
AfD sei „gesichert rechtsextrem“
Der aktuelle PKGr-Vorsitzende Konstantin von Notz (Grüne) rechnet nicht damit, daß AfD-Abgeordnete es ins Gremium schaffen. „Um gewählt zu werden, brauchen die Kandidaten eine gewisse Anzahl an Stimmen der Mitglieder des Bundestags“, sagte er dem Tagesspiegel. „Ich habe zur Kenntnis genommen, daß es den Kandidaten der AfD in der Vergangenheit nicht gelungen ist, genügend Stimmen zu bekommen.“
Zwar sei es „das gute Recht der AfD, einen Kandidaten aufzustellen“. Allerdings müsse niemand ihre Parlamentarier wählen. Zudem verwies von Notz auf „die eindringlichen Warnungen unserer Sicherheitsbehörden und den Verweis darauf, daß weite Teile der Partei ,gesichert rechtsextrem‘ sind“.
AfD-Kandidat Hess erhielt keine Mehrheit
Im neu gewählten Bundestag stellt die AfD die zweitgrößte Fraktion. Sie erhebt daher Anspruch auf verschiedene Ausschußvorsitze sowie auf einen Sitz im PKGr. Bei der Wahl der Bundestagsvizepräsidenten im März blieb die AfD jedoch als einzige Fraktion ohne Erfolg – keiner ihrer Kandidaten wurde gewählt.
Bereits im Jahr 2022 hatte der vorherige Bundestag einen Personalvorschlag der AfD für das PKGr abgelehnt. Damals fiel der nominierte Abgeordnete Martin Hess bei der Abstimmung durch: 90 Parlamentarier stimmten für ihn, 545 votierten dagegen.
Hess ist entsetzt über den Umgang mit seiner Partei. „Die Blockadehaltung der Altparteien gegenüber der AfD – der zweitstärksten politischen Kraft im Bundestag – ist ein alarmierendes Signal für den Zustand unseres Landes und entlarvt nebenbei die wahren Feinde der Demokratie“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. „Als gewählter Abgeordneter bringe ich 27 Jahre Erfahrung als Polizeibeamter, zuletzt als Polizeihauptkommissar, in meine politische Arbeit ein – eine Qualifikation, die gerade im sensiblen Bereich der parlamentarischen Kontrolle von Bedeutung ist.“
Wer fachlich geeignete Vertreter aus dem Gremium halte, handele nicht aus Sorge um die Demokratie, so Hess, „sondern verfolgt das Ziel, unliebsame politische Konkurrenz auszuschalten.“
Gremium überwacht Deutschlands drei Nachrichtendienste
Das Parlamentarische Kontrollgremium überwacht die Tätigkeit der deutschen Nachrichtendienste. Dazu zählen der Bundesnachrichtendienst (BND), der Militärische Abschirmdienst (MAD) sowie das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV).
Das Gremium setzt sich in der Regel aus 13 Mitgliedern des Bundestages zusammen. In der vergangenen Legislaturperiode waren es zwölf – aufgeteilt auf je vier Vertreter von SPD und CDU/CSU sowie je zwei von Grünen und FDP. Die Wahl der Mitglieder erfolgt zu Beginn einer neuen Wahlperiode durch den Bundestag mit absoluter Mehrheit – der sogenannten „Kanzlermehrheit“. Das bedeutet: Mindestens 316 der 630 Abgeordneten müssen zustimmen.
Einmal gewählt, bleiben die Mitglieder des Gremiums auch über das reguläre Ende der Legislatur hinaus im Amt, bis das neue Parlament ein Nachfolgegremium bestimmt hat. Die gesetzliche Grundlage für das PKGr findet sich seit 2009 in Artikel 45d des Grundgesetzes. (sv)