BERLIN. Das Verwaltungsgericht Berlin hat die Umbenennung der Mohrenstraße in Anton-Wilhelm-Amo-Straßevorerst vorerst gekippt. Das Gericht begründete das damit, daß ein Anwohner einen Eilantrag gegen die sofortige Umbenennung am Samstag gestellt hatte, dieser aber vom zuständigen Bezirksamt ignoriert worden sei. Das Bezirksamt habe „nicht dargelegt, warum die Umbenennung so dringlich sei, daß sie vor Abschluß des Klageverfahrens vollzogen werden müße“, wie ein Sprecher des Verwaltungsgerichts am Freitag mitteilte.
Das Bezirksamt Mitte hatte argumentiert, daß der 23. August der Internationale Tag zur Erinnerung an den Sklavenhandel und seine Abschaffung sei, weshalb er sich als Termin für die Umbenennung anbiete. Das Verwaltungsgericht sah deshalb jedoch kein „besonderes öffentliches Interesse für die sofortige Vollziehung“. Gleichzeitig heißt es in der Mitteilung, daß „die Rechtmäßigkeit der Umbenennung an sich gerichtlich geklärt sei“. (JF berichtete) Gegen den Beschluß ist eine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg möglich.
Die Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Mitte hatte die Umbenennung bereits im August 2020 beschlossen. (JF berichtete) Der Name „Mohrenstraße“ sei „diskriminierend“ und „schadet dem Ansehen Berlins“, hieß es damals in der Begründung des zu diesem Zeitpunkt von Grünen und SPD regierten Bezirksparlaments. Im April 2021 setzte das Bezirksamt die Entscheidung um. Die seit 2022 amtierende grüne Bürgermeisterin von Berlin-Mitte, Stefanie Remlinger, führte die Politik ihres Parteifreundes und Amtsvorgängers Stephan von Dassel fort. Der Beschluß ist rechtskräftig und unanfechtbar.
Neuer Namensgeber sprach selbst von Mohren
Künftig soll die Straße „Anton-Wilhelm-Amo-Straße“ heißen. Anton Wilhelm Amo (1703–1759) war der erste schwarze Philosoph, der in Europa lehrte. Geboren in Axim im heutigen Ghana, wurde er 1707 von niederländischen Kaufleuten nach Europa verschleppt und 1716 dem Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel übergeben. Unter dessen Schutz erhielt er eine umfassende Ausbildung in mehreren Sprachen und Disziplinen. 1727 begann er ein Studium der Philosophie und Rechtswissenschaften an der Universität Halle.
Im Jahr 1729 verfaßte Amo seine erste Dissertation mit dem Titel „De iure Maurorum in Europa“ („Über die Rechtsstellung der Mohren in Europa“, Anm. d. Red.), in der er sich kritisch mit der rechtlichen Stellung schwarzer Menschen in Europa auseinandersetzte. Diese Arbeit gilt als die erste bekannte wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Rechtslage von Schwarzen in Europa. (st)