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Mögliche Koalitionen: Merz steckt in der Klemme

Mögliche Koalitionen: Merz steckt in der Klemme

Mögliche Koalitionen: Merz steckt in der Klemme

Das Bild zeigt Friedrich Merz.
Das Bild zeigt Friedrich Merz.
CDU-Chef Friedrich Merz: Keine konservativen Optionen für seine Partei. Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto | Eibner-Pressefoto/Florian Wiegand
Mögliche Koalitionen
 

Merz steckt in der Klemme

Er werde die AfD halbieren, tönte Friedrich Merz. Inzwischen wird die Weidel-Partei immer stärker, während die CDU unter 30 Prozent rutscht. Dank Koalitions-Brandmauer wird die Union es schwer haben, ihre Versprechen nach der Wahl einzuhalten.
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Gut drei Jahre nach ihrem jähen Machtverlust im Dezember 2021 sehen sich CDU und CSU in der umworbenen Stellung einer attraktiven politischen Braut. Grüne und FDP suchen demonstrativ die Nähe der Union, die SPD gibt sich etwas reservierter aus Rücksichtnahme auf ihren Noch-Kanzler Olaf Scholz. Und die AfD? Sie sieht in der Union und ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz den Hauptgegner. Dabei wären die Christdemokraten für die AfD der natürliche Koalitionspartner, wäre da nicht die verkehrte Welt der Brandmauer.

Verkehrt, da die Deutschen seit einiger Zeit immer konservativer wählen, sich aber im Ergebnis mit linken Koalitionsregierungen abfinden müssen. Etwa in Thüringen oder Sachsen. AfD-Abwehrkoalitionen (Brombeer-Bündnis) oder Minderheitsregierungen mit linker Duldung gehören zum politischen Alltag.

Weidel schießt scharf gegen Merz

Eine Gemengelage, die Merz zu schaffen macht. Auf Bundesebene dürften ihm nur SPD oder Grüne – oder beide – als Koalitionspartner zur Verfügung stehen. Was ihn angreifbar macht, denn in der Migrationspolitik unterscheidet sich die Union kaum von der AfD. Straftätern mit zwei Pässen soll die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen, Flüchtlinge möglichst an der Grenze abgewiesen werden. Gelegenheit für AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel, so richtig aufzudrehen. „Alles bei uns abgekupferte Ziele, die die Union weder mit SPD noch mit den Grünen umsetzen kann“, piesackt sie ein ums andere Mal Merz, den sie im Bundestag einen „Ersatz-Scholz“ nannte.

Die Erkenntnis, daß ein harter Migrationskurs mit Rot-Grün nicht zu machen ist, scheint bei den Wählern angekommen zu sein. Nur so lassen sich CSU-Chef Markus Söders beharrlich vorgebrachte Gefahrenhinweise vor Schwarz-Grün erklären. Die Wähler spüren, Friedrich Merz steckt in der Klemme. Nur so lassen sich die sinkenden Umfragewerte erklären.

Vielleicht hat Lindner recht

So sind CDU/CSU knapp fünf Wochen vor der Bundestagswahl auf 29 Prozent gesunken; unter 30 Prozent lag die Partei zuletzt im April 2024. Zweitstärkste Partei ist weiterhin die AfD mit 21 Prozent. Das ohnehin geringe persönliche Ansehen von Merz (insbesondere bei Frauen) ist auf einen Tiefpunkt gefallen. Bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa nach einer Kanzlerkandidaten-Direktwahl lagen Merz und Weidel mit 21 Prozent gleichauf (Scholz und Habeck bei je 14 Prozent).

Der Mann, der einst großsprecherisch verkündete, er werde die AfD halbieren, muß mit ansehen, wie die Weidel-Partei in den Umfragen immer stärker wird. So stark, daß schon die Frage gestellt wird, ob die AfD die Union noch überholen könnte. Damit ist kaum zu rechnen, aber allein die Frage bringt den impulsiven CDU-Mann in Rage.

In der Tat überrascht die Umfrage-Schwäche der CDU und ihres Kanzlerkandidaten angesichts des Scheiterns der Ampelkoalition, der Unbeliebtheit von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und des wirtschaftlichen Niedergangs des Landes. So besteht wohl kein Zweifel daran, daß die deutschen Wähler eine neue Regierung wollen. Vielleicht hat FDP-Chef Christian Lindner recht: „Die Union verkörpert gegenwärtig keinen Politikwechsel, weil sie und Friedrich Merz für alles offen ist – bis hin zu einem Wirtschaftsminister Habeck im Kabinett“.

Spontan haut er mal einen Spruch raus

Aber Merz, Jahrgang 1955, sollte nicht unterschätzt werden. Dreimal hat er für den Parteivorsitz kandidiert, die CDU nach der Niederlage 2021 wieder aufgebaut. Die Parteizentrale verweist auf dessen 80 Wahlkampfauftritte. Und auf seine Wirtschaftskompetenz, belegt auch durch Umfragen. „Wir wissen, wie regieren geht“, heißt es in der „Agenda 2030“, die neuen Wohlstand für Deutschland verspricht. Steuerreform, Wirtschaftswachstum, Bürokratieabbau lauten die Chiffren des Politikwechsels, den Merz samt komplettem Parteivorstand den Wählern kürzlich versprach.

Doch der Scholz-Herausforderer kann nicht nur programmatische Offensive. Kürzlich hatte er Zweifel an einem raschen Umbau der Stahlindustrie zu klimafreundlicher Wasserstoffwirtschaft geäußert. Rasch bekräftigte er, daß er den Umbau zu grünem Stahl befürworte. Auf wenig Sympathien dürfte Merz mit seiner Bemerkung gestoßen sein, Frauen seien „nicht so selbstbewußt wie Männer – und mit Ministerposten täte man ihnen keinen Gefallen“. Das linke Kampagnen-Netzwerk Campact hält dem CDU-Mann ein überkommenes Frauenbild vor.

Merz ist also für seine zahlreichen Berater mitunter ein Risiko, da er spontan gern mal einen Spruch raushaut. Ganz anders als sein Antipode Scholz, der auch in der heißen Phase des Wahlkampfs zurückhaltend auftritt – hanseatisch. Politische Avancen gegenüber der CDU sind seine Sache nicht. „Das werde ich mit Sicherheit nicht machen“, antwortete der Noch-Kanzler auf die Frage, ob er unter einem Kanzler Merz in dessen Kabinett eintreten würde.

Aus der JF-Ausgabe 05/25.

CDU-Chef Friedrich Merz: Keine konservativen Optionen für seine Partei. Foto: picture alliance / Eibner-Pressefoto | Eibner-Pressefoto/Florian Wiegand
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