BERLIN. Die Nachfrage nach sogenanntem Kirchenasyl ist zuletzt offenbar stark angestiegen. Im ersten Quartal des laufenden Jahres stellten insgesamt 617 Personen entsprechende Anträge. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 604 Fälle, wie ein Sprecher des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge auf Nachfrage der Tageszeitungen der Funke Mediengruppe mitteilte.
Eine Sprecherin der Evangelischen Kirche sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, es gebe keine zentrale Erfassung der Anträge. Die nun geschätzten Zahlen beruhen auf Meldungen einzelner Landeskirchen. „Nach deren Einschätzung ist die Zahl der Anfragen im Zuge eines gestiegenen Abschiebedrucks vielerorts deutlich angestiegen, teilweise haben sich die Anfragen mehr als vervierfacht“, führte die Sprecherin aus.
Kirchenasyl ist kein Recht
Rechtlich vorgesehen ist ein sogenanntes Kirchenasyl nicht. Es bezeichnet eine zeitlich befristete Aufnahme von Migranten von Seiten der Kirchen, um Abschiebungen zu verhindern. Meist passiert das, wenn angenommen wird, dem Migranten drohe bei einer Abschiebung eine schwerwiegende Gefahr für Leib und Leben. Praktiziert wird das Kirchenasyl regelmäßig seit den 1980er Jahren, seit der Verschärfung des Asylrechts im Jahr 1993 hat sich die Nachfrage nach Kirchenasyl immer weiter erhöht. Immer wieder kritisieren Sicherheitsbehörden die Praxis.
Im ersten Quartal des laufenden Jahres stellten insgesamt 37.387 Personen einen Asylantrag in Deutschland. Nur in Frankreich (40.871) und in Spanien (39.318) lag diese Zahl EU-weit höher. Bei Afghanen, Syrern und Türken bleibt die Bundesrepublik beliebtestes Zielland. Bei Ukrainern ist es nun Frankreich. EU-weit nahmen vor allem Asylgesuche aus Venezuela (plus 44 Prozent), der Ukraine (plus 84 Prozent), China (plus 87 Prozent) und Indien (plus 56 Prozent) zu. (st/ho)