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„Kein Generalverdacht“: Einbürgerungs-Betrug: Dürfen die Ausländer den deutschen Paß behalten?

„Kein Generalverdacht“: Einbürgerungs-Betrug: Dürfen die Ausländer den deutschen Paß behalten?

„Kein Generalverdacht“: Einbürgerungs-Betrug: Dürfen die Ausländer den deutschen Paß behalten?

Mit gefälschten Zertifikaten den deutschen Paß erkauft: Der Einbürgerungs-Betrug löst eine Debatte aus.
Mit gefälschten Zertifikaten den deutschen Paß erkauft: Der Einbürgerungs-Betrug löst eine Debatte aus.
Mit gefälschten Zertifikaten den deutschen Paß erkauft: Der Einbürgerungs-Betrug löst eine Debatte aus. Foto: IMAGO / Bihlmayerfotografie
„Kein Generalverdacht“
 

Einbürgerungs-Betrug: Dürfen die Ausländer den deutschen Paß behalten?

Knapp 300.000 Ausländer wurden vergangenes Jahr eingebürgert – etliche durch gefälschte Sprach- und Integrationstests. Nun bricht politischer Streit aus, ob das Konsequenzen für die Betrüger haben darf.
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BERLIN. Im Skandal um mit Hilfe gefälschter Sprach- und Integrationstests erfolgte Einbürgerungen (die JF berichtete) ist ein Parteienstreit über die Folgen entbrannt. Die Grünen wehren sich massiv gegen eine nachträgliche Überprüfung. Ihre Parlamentarische Geschäftsführerin, Filiz Polat, forderte im Focus, Einbürgerungswillige dürften nicht unter Generalverdacht geraten.

Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki sprach dagegen von „massenhaften, rechtswidrigen Erschleichens der deutschen Staatsbürgerschaft“. Dies stelle einen „handfesten Skandal“ dar, schrieb er auf X: „Ich erwarte von der Bundesregierung, daß sie sämtliche ihr vorliegenden Erkenntnisse offenlegt – insbesondere, ob sie von den im Raum stehenden Vorwürfen Kenntnis hat, welchen Umfang diese haben und welche Maßnahmen sie zur Aufklärung und Unterbindung dieses Mißbrauchs zu ergreifen gedenkt.“


Nach Recherchen von RTL und Stern hat allein der Leiter einer süddeutschen Ausländerbehörde innerhalb von nur einer Woche rund 340 manipulierte Sprachzertifikate gefunden. Einzelne Polizeibehörden sollen in mehr als 1.000 Fällen von Handel mit gefälschten Sprachzertifikaten ermitteln. Die meisten Bundesländer seien aber völlig ahnungslos „und können keine Statistiken zur Anzahl der Betrugsfälle angeben“.

Laut Statistischem Bundesamt haben die Länder im vorigen Jahr 291.955 Ausländern die deutsche Staatsbürgerschaft erteilt – das sind 91.860 mehr als 2023 und ein neuer Rekord. Vielfach, wie in Berlin, sind persönliche Gespräche, bei denen fehlende Deutschkenntnisse erkannt werden könnten, nicht mehr vorgesehen. Die Einbürgerung erfolgt per „Mausklick“. Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) hat seinem Landesamt für Einwanderung vorgegeben, allein in diesem Jahr 40.000 Einbürgerungen unbürokratisch vorzunehmen. Dessen Leiter hatte noch im Juli gesagt: „Es findet keine persönliche Vorsprache mehr statt.“ Wegners Anweisung sei richtig. Falsch seien dagegen Spekulationen, es könnten auch rechtswidrig Pässe verteilt werden (die JF berichtete).

Mengenrabatt für Freunde und Familie

Dem RTL-Bericht zufolge werben dutzende Händler auf TikTok für gefälschte Sprachzertifikate. In den Videos heiße es: „A1, A2, B1, B2, C1, C2. Ohne Schule. Ohne Prüfung.“ Im Hintergrund seien haufenweise Zertifikate zu sehen. Die Preise für den B1-Nachweis sowie den Integrationstest „Leben in Deutschland“ variierten zwischen 750 Euro und 2.700 Euro. Einige Anbieter werben zudem mit Rabatt bei Bestellungen für Freunde und Familie sowie mit zusätzlichen Falschzertifikaten, etwa mit dem IHK-Logo. Dahinter steckten die Organisierte Kriminalität und arabische Familienclans.

Anders als die Grünen verlangt die Union nun eine Kontrolle bereits abgeschlossener Einbürgerungen. „Wenn der Verdacht besteht, daß bei Einbürgerungen mit gefälschten Zertifikaten betrogen wurde, muß man die Verfahren nachträglich noch einmal überprüfen“, sagte der innenpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Alexander Throm, dem Focus. Dies müsse für die Ausländerbehörden Priorität haben.

CDU: Einbürgerungen erst einmal zurückstellen

Der CDU-Politiker ergänzte: „Im Zweifelsfall müssen neue Einbürgerungen erst einmal zurückgestellt werden, bis das geklärt ist.“ Werde festgestellt, daß jemand die Staatsbürgerschaft mit gefälschten Dokumenten erlangt hat, sei das ein Ausschlußkriterium: „In diesem Fall muß der Person die Staatsbürgerschaft unwiderruflich entzogen werden.“

Das Bundesinnenministerium schlägt nun vor, sich die Ausländer vor der Einbürgerung wieder anzuschauen: Um Betrug konsequent zu verhindern, sei „die persönliche Vorsprache der Antragstellenden im Einbürgerungsverfahren unerläßlich“, sagte eine Sprecherin der dpa. Dieses Gespräch solle zudem möglichst frühzeitig stattfinden.

Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums erklärte: „Das Phänomen gefälschter Sprachzertifikate, manipulierter Einbürgerungstests sowie der sogenannten Stellvertreterprüfungen ist der Polizei Nordrhein-Westfalen bekannt und stellt in der polizeilichen Praxis ein aktuelles, wenngleich kein neues, Aufgabenfeld dar.“ (fh)

Mit gefälschten Zertifikaten den deutschen Paß erkauft: Der Einbürgerungs-Betrug löst eine Debatte aus. Foto: IMAGO / Bihlmayerfotografie
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