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Werner Patzelt, Deutschlands blaues Wunder, AfD

Stellenzuwachs: Deutschlands Beauftragte für nix werden immer mehr und immer teurer

Stellenzuwachs: Deutschlands Beauftragte für nix werden immer mehr und immer teurer

Stellenzuwachs: Deutschlands Beauftragte für nix werden immer mehr und immer teurer

Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus (l) spricht während einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Fünften Gemeinsamen Berichts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Bundestages. Neben ihm sitzen (l-r) Jürgen Dusel, Beauftragter für die Belange der Menschen mit Behinderung, Mehmet Daimagüler, Beauftragter gegen Antiziganismus, Sven Lehmann, Queer-Beauftragter der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, sowie Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung. Rechts aussen sitzt Corinna Buschow, stellvertretende Vorsitzende der Bundespressekonferenz. In Reih und Glied: Die Bundesbeauftragten Felix Klein, Jürgen Dusel, Mehmet Daimagüler, Sven Lehmann, Reem Alabali-Radovan und Ferda Ataman (v.l.n.r.). Foto: picture alliance/dpa | Soeren Stache
Felix Klein, Beauftragter der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus (l) spricht während einer Pressekonferenz zur Vorstellung des Fünften Gemeinsamen Berichts der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Bundestages. Neben ihm sitzen (l-r) Jürgen Dusel, Beauftragter für die Belange der Menschen mit Behinderung, Mehmet Daimagüler, Beauftragter gegen Antiziganismus, Sven Lehmann, Queer-Beauftragter der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, Staatsministerin für Migration, Flüchtlinge und Integration, sowie Ferda Ataman, Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung. Rechts aussen sitzt Corinna Buschow, stellvertretende Vorsitzende der Bundespressekonferenz. In Reih und Glied: Die Bundesbeauftragten Felix Klein, Jürgen Dusel, Mehmet Daimagüler, Sven Lehmann, Reem Alabali-Radovan und Ferda Ataman (v.l.n.r.). Foto: picture alliance/dpa | Soeren Stache
In Reih und Glied: Die Bundesbeauftragten Felix Klein, Jürgen Dusel, Mehmet Daimagüler, Sven Lehmann, Reem Alabali-Radovan und Ferda Ataman (v.l.n.r.). Foto: picture alliance/dpa | Soeren Stache
Stellenzuwachs
 

Deutschlands Beauftragte für nix werden immer mehr und immer teurer

Beauftragte der Bundesregierung wuchern überall hervor. Vor allem durch die Ampel erreicht die Zahl dieser Frühstücksdirektoren ein Rekordniveau – und wollen bezahlt werden.
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Dieter Janecek wäre gerne etwas geworden. Der 48jährige Münchner hat Politikwissenschaften studiert und war zwei Jahre lang in der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Die Zahl der Politikwissenschaftler ist groß, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt stehen im umgekehrten Verhältnis dazu. Ein Ausweg mit möglichem Karriere-Turbo findet sich regelmäßig bei der Partei Die Grünen, wo Janecek im Laufe der Jahre bis zum Vorsitzenden des bayerischen Landesverbandes aufstieg. Von da war der Weg in den Bundestag offen, in den Janecek 2013 gewählt wurde. 

Mit Beginn der Ampel-Koalition 2021 gab es auf einmal Karriere-Hürden für den Wirtschaftspolitiker. Die den Grünen zustehenden Ämter als Minister und Staatssekretäre waren schnell vergeben. Bei Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) existiert zwar der schöne Beauftragtenposten für maritime Wirtschaft und Tourismus, doch den schnappte sich die Parteifreundin Claudia Müller, die wie Janecek den Aufstieg zur lukrativen Ebene der Parlamentarischen Staatssekretäre (Gehalt 16.084 Euro monatlich) verpaßt hatte. Erst als Müller 2023 doch noch Parlamentarische Staatssekretärin in Cem Özdemirs Landwirtschaftsministerium wurde, war der Weg für Janecek frei: Er wurde Koordinator (Beauftragter) der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft und Tourismus.

Wirklich zu entscheiden haben sie nichts

Janecek ist kein Einzelfall. Insgesamt tummelten sich im Jahr 2024 in der Bundesregierung 45 Beauftragte. Vor einem knappen Vierteljahrhundert gab es erst 19 von ihnen. Zu entscheiden haben die meisten von ihnen nichts. Sie sind im Regelfall nicht in die Ministeriums-Struktur eingebettet wie etwa die beamteten Staatssekretäre. Am ehesten läßt sich der Beauftragte mit einem Parlamentarischen Staatssekretär vergleichen – allerdings ohne Bezügezahlung und bis auf wenige Ausnahmen ohne persönlichen Dienstwagen. Auch für die Beauftragten gilt der legendäre Satz eines beamteten Staatssekretärs aus Bonner Zeiten, der über die Parlamentarischen Staatssekretäre spottete: „Sie sind eine nützliche Einrichtung. Sie erledigen für uns die Arbeit, die wir ohne sie nicht hätten.“

Im Fall Janecek sieht das dann so aus, daß er per Pressemitteilung den Start des neuen Kompetenzzentrums „Grüne Transformation des Tourismus“ im Bundeswirtschaftsministerium bejubeln darf. Irgendeinen Einfluß auf die Arbeit des Kompetenzzentrums hat der Grünen-Politiker nicht. Er darf vielmehr – wie man in seiner Heimat Bayern sagt – als Grüß-Gott-August Reden bei offiziellen Anlässen halten, wenn die Staatssekretäre und Minister Habeck keine Zeit haben. Dann verlesen Beauftragte vom Ministerium vorab verfaßte Redetexte wie etwa diesen: „Wir stellen der Tourismuswirtschaft nun einen kompetenten Partner an die Seite: für gute fachliche Beratung und Austausch, insbesondere zu Fragen der strategischen Ausrichtung und einer nachhaltigen Entwicklung.“

Einige wenige leiten Behörden

Im Wirtschaftsministerium findet sich noch ein vergleichbarer Fall: Die Grünen-Politikerin Anna Christmann ist Beauftragte für Digitale Wirtschaft und Start-ups sowie Koordinatorin für die Luft- und Raumfahrt. Erfolgsmeldungen in diesen Bereichen sind selten: Hochgejubelte Gründungen sind oft schnell wieder am Ende, und deutsche Raumfahrtfirmen haben den Anschluß bei der Erkundung des Sonnensystems längst verloren.

Dabei ist das Wirken nicht aller Beauftragten freischwebend. Die im Kanzleramt angesiedelte Beauftragte für Kultur und Medien (Claudia Roth, Grüne) hat 450 Bedienstete unter sich. Der Bundesbeauftragte für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung (Kay Scheller, CDU) ist zugleich Präsident des Bundesrechnungshofs. Auch Professorin Louisa Specht-Riemenschneider, die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, leitet eine große Behörde.

Der Beauftragten-Apparat wächst rasant

Die anderen fungieren wie Janecek und Christmann und verbringen die Zeit auf Veranstaltungen, mit Interviews oder Fernsehauftritten. Dazuzurechnen sind etwa der Ost-Beauftragte Carsten Schneider (SPD) und die Aussiedlerbeauftragte Natalie Pawlik (SPD). Der Beauftragte für jüdisches Leben in Deutschland, Felix Klein, machte von sich reden, als er Israel vor dem Vorwurf, ein Apartheid-Staat zu sein, in Schutz nahm. Im Außenamt residiert mit Luise Amtsberg (Grüne) eine Beauftragte für Menschenrechtspolitik. Auch bei ihr dürfte es für einen Staatssekretärs-Posten nicht gereicht haben.

Koordinatoren gibt es für die Zusammenarbeit mit Frankreich, Polen und den USA sowie für die „zwischengesellschaftliche Zusammenarbeit mit dem südlichen Kaukasus“. Damit der ehemalige Grünen-Politiker Manuel Sarrazin nicht völlig vergessen wird, wurde er zum Beauftragten für die Länder des westlichen Balkans gemacht. Viel zu tun hat aber Roland Weber, Beauftragter für die Anliegen von Betroffenen von terroristischen und extremistischen Anschlägen im Inland, aktuell etwa für die Opfer der brutalen Attacke auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Außerdem gibt es mit Sven Lehmann (Grüne) noch einen Beauftragten für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt.

Die Ausgaben für das Beauftragtenwesen werden von der Regierung mit 69 Millionen Euro im vergangenen Jahr angegeben. Vor 15 Jahren kam man noch mit 7,5 Millionen Euro aus. Der Zuwachs an Stellen ist überschaubar, im Familienministerium fällt jedoch mit einer Steigerung von 17 Stellen (2006) auf 86,9 Stellen ein massiver Anstieg auf. Auf die Frage, ob es jemals zu einer Reduzierung des Beauftragtenwesens kommen werde, antwortet die Regierung ausweichend: Man prüfe „regelmäßig, ob und in welcher Konstellation die Arbeit der Beauftragten fortgeführt werden soll“.

Aus der JF-Ausgabe 08/25. 

In Reih und Glied: Die Bundesbeauftragten Felix Klein, Jürgen Dusel, Mehmet Daimagüler, Sven Lehmann, Reem Alabali-Radovan und Ferda Ataman (v.l.n.r.). Foto: picture alliance/dpa | Soeren Stache
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