BERLIN/BIELEFELD. Die Teilnahme der Vize-Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Wiebke Esadar, an einer Anti-Merz-Demo in Bielefeld hat deutliche Kritik beim Koalitionspartner ausgelöst. „Wer als Teil der SPD-Fraktionsführung an vorderster Front gegen den Bundeskanzler demonstriert, muß sich schon fragen lassen, ob er den Erfolg dieser Regierung noch will“, klagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger, in der Bild.
Der CDU-Abgeordnete Alexander Throm ergänzte: „Manche haben noch nicht verstanden, daß wir in der Koalition doch lieb miteinander umgehen wollen.“ Die Zeitung zitiert zudem eine anonyme Stimme der Christdemokraten: „Der Protestaufzug von Esdar zeigt eines der Grundprobleme in der Koalition: Weite Teile der Sozialdemokraten sind geistig in der Opposition zu uns – und auch zu ihrem Parteichef Lars Klingbeil.“
SPD-Frau will nichts falsch gemacht haben
Esdar hatte am Freitag an einem Demonstrationszug in Bielefeld teilgenommen, der gegen die „Stadtbild“-Äußerung von Bundeskanzler Friedrich Merz mobil machte. Dabei lief Esdar in der ersten Reihe mit und half dabei, ein Transparent des „Bündnisses gegen rechts“ zu halten. Bei Instagram teilte Esdar zudem ein Foto, auf dem sie mit anderen Demo-Teilnehmern zu sehen ist.
Vor ihr befindet sich eine Teilnehmerin, die ein Plakat in die Kamera hält, auf dem steht: „Wer unser Stadtbild nicht ehrt, ist als Kanzler nichts wert!“ Esdar selbst schrieb dazu: „Gegen Haß und Hetze“. Ihre Teilnahme verteidigte sie im Anschluß: „Ich nehme mein Demonstrationsrecht wahr – wie es zum Glück in Deutschland jedem zusteht“, sagte sie der Neuen Westfälischen. Aussagen von Merz seien pauschal und verletzend. Sie wolle trotzdem in Berlin weiter konstruktiv mit dem Kanzler und der Union um „Lösungen für unser Land“ ringen.
Aus der SPD bekommt die Fraktionsvize öffentlichen Rückhalt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Sozialdemokraten im Bundestag, Dirk Wiese, mahnte in der Bild, man solle in die Demoteilnahme „nicht zu viel hineininterpretieren“.
Merz hatte über das Stadtbild in Deutschland geklagt
Bundeskanzler Merz hatte in der vergangenen Woche die Bundesregierung dafür gelobt, die Zahl der Asylanträge in Deutschland reduziert zu haben. Zugleich sagte er: „Aber wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.“
Am Montag bekräftigte der Christdemokrat: „Ich habe gar nichts zurückzunehmen.“ Zudem fügte Merz an: „Fragen Sie Ihre Kinder, fragen Sie Ihre Töchter, fragen Sie im Freundes- und Bekanntenkreis herum: Alle bestätigen, daß das ein Problem ist – spätestens mit Einbruch der Dunkelheit.“ Die Äußerungen lösten eine breite Debatte aus und sorgten unter anderem in der SPD für massive Kritik (die JF berichtete). (ser)






