BERLIN. Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger, hat eine ehrlich geführte Diskussion darüber verlangt, „was wir an Sozialleistungen nicht mehr bezahlen können“. Das System stehe vor dem Kollaps. „Wenn unser Sozialstaat kollabiert, dann nützt es keinem. Und er wird kollabieren, wenn wir so weitermachen“, sagte er der dpa.
Sein Appell lautet: „Wir müssen diesen Sozialstaat dringend reformieren.“ Und er stellte fest: „Wir können uns nicht mehr alles leisten, was wir uns wünschen.“ Dulger wies darauf hin, daß die Verwaltungskosten der Sozialkassen 25 Milliarden Euro betragen. „Da ist viel Raum für Verbesserungen. Wir verpulvern viel Geld für Ineffizienzen.“
Die schwarz-rote Koalition hat den Sozialetat für den Bundeshaushalt allerdings gerade erst auf ein neues Rekordniveau angehoben. Bis zum Ende der Legislaturperiode wird er sagenhafte 219 Milliarden Euro erreichen, das sind 43 Milliarden Euro mehr als bisher. Im Vergleich zu 2024 erhöhen Union und SPD ihn bis 2029 um insgesamt 24,4 Prozent.
Merz und Klingbeil erhöhen Sozialausgaben weiter
Auch die Bundesausgaben für das Bürgergeld steigen schon dieses Jahr um weitere fünf Milliarden auf nun 52 Milliarden Euro. Hinzu kommen hohe Ausgaben der 16 Bundesländer für die Sozialhilfebezieher.
Der Arbeitgeberpräsident forderte nun, daß die im Koalitionsvertrag angekündigte Kommission zur Reform des Sozialstaats ins Leben gerufen werde und „so schnell wie möglich konkrete Punkte vorlegt, wie man die Sozialversicherungen reformieren und verbessern kann“. Der 61jährige: „Wir müssen weg von den hohen Lohnzusatzkosten. Wir brauchen deshalb dringend ausgabensenkende Strukturreformen.“
Vor allem müsse der Sozialstaat wieder treffsicherer werden, forderte er. Bei der von der Regierung angekündigten Bürgergeld-Reform müsse das Ziel sein, „daß diejenigen, die arbeiten, spürbar besser dastehen als jene, die nicht arbeiten“. Das sei heute nicht mehr gegeben.
Arbeitgeberpräsident: Wie lange hält die Demokratie das noch aus?
Dulger sagte, er spreche mit vielen arbeitenden Bürgern, die Steuern zahlten und enttäuscht und wütend seien, „weil neben ihnen jemand wohnt, der noch nie gearbeitet hat, noch nie Beiträge bezahlt hat – dem es aber am Ende des Tages nicht schlechter geht als ihnen selbst“.
Der Arbeitgeberpräsident meinte: „Ich weiß nicht, wie lange unsere Demokratie das noch aushält, bevor einige hier die Systemfrage stellen.“
Zentral sei eine Senkung der Sozialabgaben auf unter 40 Prozent. Der aktuell immer höhere Anstieg sei „massiver Nettoklau bei den Beschäftigten“. Sozialabgaben über 40 Prozent kämen einer Strafsteuer auf Arbeit gleich. Viel Einsparpotential gebe es durch mehr Digitalisierung und den Einsatz von KI. (fh)