Die AfD hat erneut Anspruch auf den Vorsitz des Haushaltsausschusses des Bundestags erhoben. „Fakt ist: Der Haushaltsausschuß steht uns als größte Oppositionskraft, beziehungsweise als zweitstärkste Kraft, zu“, sagte Partei- und Fraktionschef Tino Chrupalla im Gespräch mit RTL und Ntv. Der Vorsitz des Haushaltsausschusses wurde in der Geschichte der Bundesrepublik zumeist an die größte Oppositionsfraktion vergeben.
Chrupalla verwies darauf, daß die AfD bereits zuvor einmal den Vorsitz des Gremiums gestellt hatte. Nach der Bundestagswahl 2017, bei der die AfD drittstärkste Kraft und größte Oppositionsfraktion im Parlament wurde, wählten die Abgeordneten 2018 den AfD-Politiker Peter Boehringer zum Chef des Gremiums, der er bis 2021 blieb. Danach wurden keine AfD-Politiker mehr in Ausschußvorsitze gewählt.
AfD-Klage scheiterte in Karlsruhe
Eine Klage gegen die Nichtberücksichtigung der AfD bei den Ausschußvorsitzenden in der vergangenen Legislaturperiode scheiterte im September 2024 vor dem Bundesverfassungsgericht. Zwar sei in der Geschäftsordnung des Parlaments geregelt, daß alle Fraktionen nach ihrer Stärke bei der Vergabe der Ausschußvorsitze berücksichtigt werden müssen, allerdings müßten diese auch von der Mehrheit der Ausschußmitglieder gewählt werden, urteilten die Richter damals.
Diese Ausschußvorsitze werden normalerweise im sogenannten „Zugreifverfahren“ besetzt, bei dem anhand des Stärkeverhältnisses festgelegt wird, in welcher Reihenfolge die Fraktionen einen Vorsitz besetzen können. Abweichend von dieser Regel wurden 2021 die Vorsitzenden in den Ausschüssen teilweise gewählt. Dabei erhielt der jeweilige AfD-Kandidat – Martin Hess, Jörg Schneider und Dietmar Friedhoff – keine Mehrheit. Formal hatten diese drei Ausschüsse keinen Vorsitzenden und wurden vom jeweiligen stellvertretenden Vorsitzenden geführt.
Die Mitwirkungsrechte der Fraktionen im Bundestag seien darauf beschränkt, daß sie „einen Kandidaten für die Wahl vorschlagen können und daß die freie Wahl ordnungsgemäß durchgeführt wird“, urteilte Karlsruhe abschließend.
Teile der Unionsfraktion offen für AfD-Ausschußvorsitzende
Ob die AfD in dieser Wahlperiode wieder Ausschußvorsitzende stellen wird, ist unklar. Während Teile der Unionsfraktion dazu bereit sind und es von den jeweiligen Kandidaten abhängig machen wollen, stellen sich SPD, Grüne und Linkspartei klar dagegen. „Der AfD die Ausschußvorsitze zu verweigern, hat dazu geführt, daß sie ihren Märtyrerstatus aufrechterhalten können“, meinte etwa der CDU-Abgeordnete Johann Wadephul, der auch als möglicher neuer Außenminister gehandelt wird.
Ausgangspunkt der Debatte war ein Vorstoß von Jens Spahn, der für eine Normalisierung des Umgangs mit der AfD geworben hatte. Er empfahl, „mit der AfD als Oppositionspartei so umzugehen in den Verfahren und Abläufen wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch“. In den jeweiligen Ausschüssen verfügen Union und AfD über eine eigene Mehrheit und könnten die anderen Parteien überstimmen.
Abgeordnete aus Mecklenburg-Vorpommern gilt als Favoritin
Nach JF-Informationen kursieren im Parlament bereits Namen möglicher Kandidaten der AfD. Für den Haushaltsausschuß etwa gilt die Abgeordnete Ulrike Schielke-Ziesing als Favoritin. Die 55jährige sitzt bereits seit 2017 für die Partei im Bundestag. Zuletzt gewann sie ihr Direktmandat im Wahlkreis 17 (Mecklenburgische Seenplatte II – Landkreis Rostock III) deutlich. Schielke-Ziesing erreichte mit 41,1 Prozent der Stimmen mehr als doppelt so viel wie ihr Gegenkandidat von der CDU, der auf 19,4 Prozent kam.

Die dreifache Mutter, die bereits 2013 in die AfD eintrat, erarbeitete sich in den vergangenen Jahren als Rentenexpertin einen Ruf als Fachpolitikerin und sitzt bereits im Haushaltsausschuß sowie im öffentlich weitgehend unbekannten Rechnungsprüfungsausschuß. Letzterer prüft „die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes und bereitet die Entlastung der Bundesregierung durch das Plenum des Deutschen Bundestages auf der Grundlage der Bemerkungen des Bundesrechnungshofes vor“, wie es auf der Webseite des Bundetags heißt.
Vor ihrer Karriere im Bundestag war Schielke-Ziesing mehr als 25 Jahre im gehobenen Dienst bei der Deutschen Rentenversicherung tätig. Schwerpunkt ihrer Parlamentsarbeit war etwa die Kritik an versicherungsfremden Leistungen in der Rentenversicherung. Zuletzt wurde sie auch zur Chefin der AfD-Landesgruppe von Mecklenburg-Vorpommern gewählt.