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Geschichtsdebatte: AfD-Abgeordnete geißeln „sowjetophilen Irrweg“ der Sachsen

Geschichtsdebatte: AfD-Abgeordnete geißeln „sowjetophilen Irrweg“ der Sachsen

Geschichtsdebatte: AfD-Abgeordnete geißeln „sowjetophilen Irrweg“ der Sachsen

11.02.2025, Bundestagswahlkampf im Vogtland, Bürgerdialog mit dem AfD-Direktkandidaten Mathias Weiser und Jörg Urban (MdL, Landesvorsitzender der AfD Sachsen) Plauen, Festhalle Sachsen, Deutschland. Der Vorsitzende der sächsischen AfD, Jörg Urban, steht parteiintern unter Kritik wegen seiner Haltung zu Rußland Foto: IMAGO / Johannes Schmidt
11.02.2025, Bundestagswahlkampf im Vogtland, Bürgerdialog mit dem AfD-Direktkandidaten Mathias Weiser und Jörg Urban (MdL, Landesvorsitzender der AfD Sachsen) Plauen, Festhalle Sachsen, Deutschland. Der Vorsitzende der sächsischen AfD, Jörg Urban, steht parteiintern unter Kritik wegen seiner Haltung zu Rußland Foto: IMAGO / Johannes Schmidt
Der Vorsitzende der sächsischen AfD, Jörg Urban, steht parteiintern unter Kritik wegen seiner Haltung zu Rußland Foto: IMAGO / Johannes Schmidt
Geschichtsdebatte
 

AfD-Abgeordnete geißeln „sowjetophilen Irrweg“ der Sachsen

Die Einladung russischer Diplomaten zur Weltkriegsgedenkveranstaltung in Torgau spaltet die AfD. Parteiintern werfen Kritiker der sächsischen Fraktion vor, sowjetische Verbrechen zu relativieren. Die Debatte reicht bis in die Familiengeschichte Abgeordneter hinein.
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DRESDEN. Die Forderung der sächsischen AfD-Landtagsfraktion, den russischen Botschafter zu einer Gedenkveranstaltung zum Ende des Zweiten Weltkrieges zuzulassen, hat parteiintern für Kritik gesorgt. „Ich glaube, wir müssen unseren Kollegen in Sachsen mal von diesem sowjetophilen Irrweg abhelfen“, kommentierte der Brandenburger Landtagsabgeordnete Dominik Kaufner auf X. „Dieser Lobbyismus für einen russischen Botschafter mittels geschichtspolitisch äußerst fragwürdiger Narrative hat nichts mehr mit einem genuin deutschen Standpunkt zu tun.“

Hintergrund der Streitigkeiten ist die jährliche Weltkriegsgedenkveranstaltung in Torgau. Dort an der Elbe trafen am 25. April 1945 erstmals amerikanische und sowjetische Soldaten aufeinander. Das Auswärtige Amt hatte empfohlen, offizielle Vertreter Rußlands nicht zu Weltkriegsgedenkveranstaltungen einzuladen. Rußland könne solche Anlässe instrumentalisieren und in den Kontext seines Angriffskriegs gegen die Ukraine stellen.

Sachsens AfD-Fraktionschef Jörg Urban forderte daraufhin, dem russischen Botschafter Sergej Netschajew bei der Veranstaltung das Wort zu erteilen. Die Haltung des Auswärtigen Amts sei unverständlich, da die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg besonders hohe Opferzahlen zu beklagen gehabt habe. „Wie das Auswärtige Amt davon abraten kann, russische Vertreter zu Weltkriegs-Gedenkveranstaltungen zuzulassen, ist mir völlig unverständlich.“

Kaufner erläuterte seine Kritik. Es handele sich „dabei um eine Feierlichkeit der Sieger, für die es nur deutsche Täter und keine Opfer gab“, monierte er. „Und eine patriotische Alternative kann sich diese antideutsche Grundauslegung nicht zu eigen machen. Das geht einfach nicht.“ Der Landtagsabgeordnete resümierte: „Wer mit stalinistischer Geschichtsschreibung deutsche Politik betreiben will, hat sich irgendwie, irgendwo verirrt.“

AfD-Abgeordnete berichten von Deportationen durch Rußland

Aus Hessen meldete sich der Landtagsabgeordnete Jochen Roos zu Wort. „Gerade in der AfD gibt es nicht wenige Mitglieder, deren Familien einen Vertreibungshintergrund haben. Daher total deplaziert.“ Der Bundestagsabgeordnete Johann Martel schrieb: „Viele Deutsche aus Rußland wurden von der Sowjetunion nach Kasachstan und Kirgistan deportiert. Dazu zählt auch meine Familie“. Und weiter: „Sowjet-Weißwaschen ist absolut nicht angemessen.“

Auf die eigene Familiengeschichte berief sich auch der bayerische Landtagsabgeordnete Richard Graupner. „Einer meiner Großväter geriet 1944 in langjährige russische Gefangenschaft, der andere fiel im Januar 1945 bei der Verteidigung Ostpreußens“, schrieb er auf X. „Der Anstand verbietet es, an Siegesfeiern der ehemaligen Kriegsgegner teilzunehmen. Ich würde mir schäbig vorkommen.“

Eine ähnliche Richtung schlug der Bundestagsabgeordnete Rainer Kraft ein. Er fragte auf X: „Wird auch an die deutschen Zivilisten erinnert, die nach Mai 45 in die übernommenen KZs eingesperrt wurden, oder diejenigen, die zur Zwangsarbeit nach Sibirien geschickt wurden?“

Weidel wollte „Niederlage des eigenen Landes“ nicht feiern

An die Kriegsverbrechen der Sowjets erinnerte sein Fraktionskollege Maximilian Kneller. „Den höchsten Blutzoll hat die Rote Armee gezahlt, weil sie die eigenen Leute mit der Taktik ‚menschlicher Schild‘ rücksichtslos verheizt hat. Die, die das überlebt haben, haben dann schwerste Kriegsverbrechen auf deutschem Boden begangen.“ Der Botschafter könne dem in Rußland gedenken.

Bereits 2023 hatte die AfD-Parteivorsitzende Alice Weidel eine klare Haltung gegen Feierlichkeiten zum Ende des Zweiten Weltkrieges gezeigt. Auf die Frage, warum sie nicht an einem Empfang in der russischen Botschaft zum Sieg über Deutschland teilnahm, sagte Weidel, sie habe sich dagegen entschieden, „die Niederlage des eigenen Landes mit einer ehemaligen Besatzungsmacht zu befeiern“.

Rußlands Botschafter besucht Torgau

Ungeachtet der parteiinternen Debatte nahm der russische Botschafter Sergej Netschajew am Freitag nachmittag an den Feierlichkeiten in Torgau zum 80. Jahrestag des Aufeinandertreffens US-amerikanischer und sowjetischer Soldaten teil. „Heute müssen wir erinnern an die gefallenen Soldaten“, sagte er vor Pressevertretern und Bürgern. „Der Tag ist deswegen sehr wichtig für uns.“

Mit Blick auf die vorangegangene Diskussion und die Frage, ob er sich nicht willkommen fühle, antwortete Netschajew: „Ich spüre das nicht. Ich fühle mich wohl.“ Dazu, daß er kein Rederecht bekommen hat, sagte der russische Diplomat: „Wir haben die Möglichkeit, unsere Position zur Kenntnis zu bringen.“ (sv)

Der Vorsitzende der sächsischen AfD, Jörg Urban, steht parteiintern unter Kritik wegen seiner Haltung zu Rußland Foto: IMAGO / Johannes Schmidt
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