BERLIN. Die Grünen haben die Diskussion um eine Koalition mit der CDU/CSU nach den vorgezogenen Bundestagswahlen weiter angeheizt. Mit Blick auf die ablehnende Haltung des CSU-Vorsitzenden Markus Söder zu Schwarz-Grün sagte der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) der Welt: „Nach meinem Eindruck ist CDU-Chef Friedrich Merz da bereits zwei Schritte weiter als der CSU-Vorsitzende.“
Zuvor war Merz bei seinen Attacken auf den Grünen-Kanzlerkandidaten Robert Habeck zurückgerudert und hatte sich davon distanziert. Seine Bemerkung vom „Kinderbuchautor“ wolle er nicht noch einmal machen: „Das wurde mir als Herabwürdigung ausgelegt, aber so war es nicht gemeint. Deshalb wiederhole ich dieses Wort auch nicht“, beteuerte Merz gegenüber dem Stern.
Anders als er es jetzt darstellt, hatte Merz das Wort tatsächlich abwertend gemeint. Er sagte auf dem CDU-Parteitag, Habeck sei „Kinderbuchautor“ und habe deswegen von Technologie „keine Ahnung“.
Merz spricht nun vom „Philosophen“ Habeck
Vielmehr nannte der CDU-Vorsitzende den Grünen-Spitzenmann nun einen studierten Philosophen und promovierten Literaturwissenschafter, der Bücher geschrieben habe. Als Merz gefragt wurde, ob er nach der Neuwahl mit ihm zusammenarbeiten könnte, bezeichnete er Habeck als „angenehmen Gesprächspartner“. Später fügte er hinzu: „Menschlich kommen wir klar, politisch sind wir ziemlich weit auseinander.“
Bereits seit dem Frühsommer führt Merz Geheimgespräche mit der Grünen-Spitze über eine Zusammenarbeit nach der Bundestagswahl. Einig ist er sich mit Habeck auch darin, Kritiker mit Strafanzeigen zu überziehen, die zu Hausdurchsuchungen führen.
Wagenknecht als Merz-Schreckgespenst
Der Grünen-Finanzminister Bayaz malte der Union für den Fall einer Absage an die Grünen ein Schreckgespenst an die Wand. Nach den Wahlen in Sachsen und Thüringen sehe man, „wohin es führen kann, sich an einem Partner wie den Grünen strategisch abzuarbeiten. Dann sitzt man Sahra Wagenknecht gegenüber“.
Und er machte Merz im Namen der Grünen Avancen: „Für meine Partei kann ich sagen: Mit uns kann man immer reden. Wir sind die Letzten, die vom Tisch aufstehen, weil wir unserer Verantwortung nachkommen wollen.“ Bei der Union habe die Einsicht Oberhand gewonnen, daß die anfängliche „Stimmungsmache“ gegen die Grünen nicht „strategisch klug“ gewesen sei. (fh)