BERLIN. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat das Asylmoratorium für aktuell laufende Anträge von Syrern gerechtfertigt. Angesichts der „unklaren Lage ist es richtig, daß das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) heute einen Entscheidungsstopp für aktuell noch laufende Asylverfahren verhängt hat, bis die Lage klarer ist. Dann wird das Bamf seine Entscheidungspraxis an die neue Lage anpassen“, sagte die Ministerin.
Ebenso hänge die weitere Bewertung des Schutzstatus der in Deutschland lebenden anerkannten syrischen Flüchtlinge „von der weiteren Entwicklung in Syrien ab“. Es sei „unseriös“, in der jetzigen Lage über konkrete Rückkehrmöglichkeiten von Syrern in ihre Heimat zu sprechen.
Frühere Anträge nicht betroffen
Zuvor hatte das Bamf angekündigt, vorerst keine weiteren Entscheidungen in Fällen von Asylanträgen zu fällen, die von Syrern gestellt wurden. Dazu sei die Lage in dem Land zu unübersichtlich, sagte ein Sprecher dem Spiegel. Deswegen könne man derzeit nur Entscheidungen treffen, die „auf tönernen Füßen“ stünden. Insgesamt geht es um 47.270 Verfahren.
Nicht betroffen davon sind alle früheren Entscheidungen, in denen meistens ein sogenannter subsidiärer Schutz gewährt und Abschiebeverbote verhängt wurden. Syrer stellen bis heute die größte Gruppe von Asylbegehrenden. Allein bis Ende November registrierten die Behörden fast 75.000 entsprechende Gesuche. Im vergangenen Jahr waren es laut der Asylgeschäftsstatistik der Bundesregierung mehr als 100.000.
Jeder 20. Syrer lebt in Deutschland
Insgesamt sind in Deutschland derzeit mehr als eine Million Syrer gemeldet. Syrien hat 22 Millionen Einwohner. Damit lebt inzwischen rund jeder 20. Syrer in Deutschland. 517.839 von ihnen erhalten derzeit das Bürgergeld plus Warmmiete. Dies kostet die Deutschen 3,5 Milliarden Euro im Jahr.
Weitere Zehntausende Syrer beziehen finanzielle Unterstützung der Steuerzahler aus dem Asylbewerberleistungsgesetz. Ende vergangenen Jahres waren es laut Statistischem Bundesamt 80.730. Das Asylrecht sieht vor, daß Asylbewerber Deutschland dann wieder verlassen müssen, wenn ihr Fluchtgrund entfällt. Allerdings mußte deswegen in der Vergangenheit bisher kaum jemand ausreisen.
CDU-Bürgermeister hofft, daß viele Syrer bleiben
Bereits zuvor hatte die Vizechefin der Unionsfraktion im Bundestag, Andrea Lindholz (CSU), einen Aufnahmestopp für Syrer gefordert. Anders äußerte sich ihr Parteikollege André Neumann. Der Oberbürgermeister des thüringischen Altenburg schrieb auf dem Kurznachrichtendienst X, er hoffe, „daß viele Syrer bei uns“ blieben. „Ich schätze ihre Kultur und Lebensweise sehr [und] bin traurig, sie gehen zu sehen. Sie bereichern unser [Land] auf vielfältige Weise.“
Ich hoffe, dass viele Syrer bei uns bleiben. Ich schätze ihre Kultur u. Lebensweise sehr bin traurig, sie gehen zu sehen. Sie bereichern unser auf vielfältige Weise. Wenn die Heimat ruft, ruft die Heimat. An alle, die gehen: Ich wünsche euch von Herzen alles Gute! Ihr seid toll!
— André Neumann (@AndreNeumannABG) December 8, 2024
Laut Statistiken des Bundeskriminalamts fallen Syrer allerdings vor allem durch eine deutlich höhere Kriminalitätsaffinität auf. So sind sie etwa bei Sexualdelikten und Gewaltverbrechen deutlich überrepräsentiert. Allein im vergangenen Jahr waren in mehr als 100.000 Ermittlungsverfahren Syrer die Tatverdächtigen. (ho)