Die Liste von Gründen, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Mittwoch für das Verbot des „Islamischen Zentrums Hamburg“ (IZH) und seiner fünf Teilorganisationen anführte, ist lang: Das IZH sei eine direkte Vertretung der iranischen Regierung, propagiere in Deutschland eine totalitäre, islamistische Ideologie, unterstütze die seit 2020 in Deutschland verbotene Terrororganisation Hisbollah und verbreite einen aggressiven Antisemitismus.
Neue Informationen lieferte die Ministerin damit nicht. Seit langem ist bekannt, daß es sich beim IZH nicht um einen toleranten, rein religiösen Verein handelt, wie die Verantwortlichen nach außen vorgeben. Sondern um eine Außenstelle der iranischen Regierung mit dem klaren politischen Auftrag, den schiitischen Islamismus in Deutschland zu verbreiten. Deshalb wird das Zentrum auch schon seit 1993 vom Hamburger Verfassungsschutz beobachtet.
Hamburger Senat arbeitete mit IZH zusammen
Die Bundesregierungen faßten das IZH trotzdem lange mit Samthandschuhen an. Zu groß war die Sorge, die Beziehungen zum Iran, einem wichtigen Handelspartner, zu gefährden. Außerdem stand und steht die Bekämpfung des Islamismus auf der Prioriätenliste der Sicherheitsbehörden nicht weit oben. Innenministerin Faeser ließ den Expertenkreis zum politischen Islam auslaufen und betrachtet nach wie vor den Rechtsextremismus als größte Gefahr für die Demokratie.
Noch kritischer muß das Verhalten der Hamburger Landesregierungen hinterfragt werden, die mit den Islamisten sogar zusammenarbeiteten. 2012 schloß der Senat einen Staatsvertrag mit der sogenannten Schura, dem Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg, zu dessen Gründungsmitgliedern das Islamische Zentrum zählt. Seitdem ist die Schura im Stadtstadt unter anderem mitverantwortlich für den schulischen Religionsunterricht.
Das IZH trat erst im November 2022 aus dem Gremium aus. Zuvor kam der stellvertretende Leiter des Zentrums einer Ausweisung aus Deutschland mit einer freiwilligen Ausreise nach Dubai zuvor. Ihm war vorgeworfen worden, die Hisbollah zu unterstützen.
Iran bestellt Botschafter ein
Daß das Verbot den Islamismus in Deutschland nachhaltig schwächen kann, ist unwahrscheinlich. Das zeigt etwa der Fall der panislamistischen Bewegung Hizb ut-Tahrir, die schon 2003 verboten wurde und deren Ideen heute – gerade auf junge Muslime – so großen Einfluß ausüben wie nie. Ihr Kernziel, die Errichtung eines globalen Kalifatstaats, vertreten heute etwa Gruppierungen wie Generation Islam oder Realität Islam oder Muslim Interaktiv.
Nicht auszuschließen ist, daß das Verbot islamistische Akteure dazu veranlaßt, weiter auf Konfrontationskurs zu gehen und ihre Ideologie noch aggressiver zu verbreiten. Vergeltungsaktionen durch die Hisbollah sind ebenfalls möglich. Und auch die Reaktionen der iranischen Regierung könnte härter ausfallen, als nur, wie am Mittwoch, den deutschen Botschafter in Teheran einzubestellen. Laut NDR und WDR befürchtet beispielsweise das Auswärtige Amt die Vollstreckung der Todesstrafe gegen den Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd, der seit 2020 in Teheran inhaftiert ist und im Februar vergangenen Jahres verurteilt wurde. Der Iran macht ihn für einen Terroranschlag verantwortlich. (dh)