BERLIN. Im kommenden Jahr könnten die Pflegebeiträge erneut steigen. Die Bundesregierung berate derzeit über eine mögliche Erhöhung um 0,15 Punkte auf 3,55 Prozent, äußerten Politiker aus Regierungskreisen nach Berichten von Politico und Table.Briefings. Demnach habe Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) innerhalb seiner Behörde mehrfach betont, daß die Pflegeversicherung stabilisiert werden müsse.
Dazu erarbeite die Regierung derzeit Konzepte. Beratungen seien noch nicht abgeschlossen.
Lauterbach: Pflegeversicherung wird solidarisch bezahlt
Für 2024 und 2025 erwarte die Pflegeversicherung rote Zahlen. Um die Finanzen zu sichern, kündigte Lauterbach eine weitere Reform an. Bereits im Juli 2023 hatte sich der Beitragssatz von 3,4 auf vier Prozent erhöht. Für Versicherte mit Kindern stieg er von drei Prozent auf 3,4 Prozent. Durch die Erhöhungen verbuchte die Pflegeversicherung 2023 etwa 1,79 Milliarden Euro Überschuß.
Es gebe Vorschläge, wie die Pflegeversicherung „solidarisch gut bezahlt werden“ könne, betonte Lauterbach. Demnach seien auch mehr Kapazitäten beim Pflegepersonal geplant, ebenso wie eine stärkere Vermeidung von Pflegebedürftigkeit. Es handele sich um eine lösbare Herausforderung. Eine „Kostenexplosion“ stehe nicht an.
Bereits im Mai warnte DAK-Chef vor Erhöhung
Der Vorstandsvorsitzende der Krankenkasse DAK, Andreas Storm, nannte die geplante Erhöhung „den falschen Weg“. Statt dessen müsse der Bund Corona-Hilfen von insgesamt sechs Milliarden Euro an die Pflegekassen zurückzahlen. „Damit könnte der drohende Beitragsanstieg zum Jahreswechsel noch verhindert werden“, betonte der DAK-Chef.
Bereits im Mai hatte Storm vor einer Erhöhung der Pflegebeiträge gewarnt. Da es bereits 2024 zu einem „erheblichen Finanzierungsdefizit in der Pflegeversicherung“ gekommen sei, müsse der Beitragssatz noch vor der Bundestagswahl „deutlich angehoben werden“. Storm bestand darauf, Lauterbach müsse dringend erklären, wie er diese Finanzierungslücke schließen wolle.
Wofür höhere Pflegebeiträge?
Auch der Chef des Verbandes der Ersatzkassen NRW, Dirk Ruiss, hatte gesagt, daß die Zahlungsfähigkeit des Gesamtsystems nur mit einer Anhebung der Beitragssätze zum Beginn des Jahres 2025 sichergestellt werden könne. Private Versicherer müßten sich dabei mit einem Finanzausgleich an der sozialen Pflegeversicherung beteiligen – dies könnte zu einer Entlastung von bis zu zwei Milliarden Euro jährlich führen.
Im September 2023 hatte das Vorstandsmitglied des Dachverbands der Betriebskrankenkassen, Anne-Kathrin Klemm, vor drohenden Finanzengpässen gewarnt. 2024 werde das Defizit der Krankenkassen demnach bis zu sieben Milliarden Euro betragen. „Die Versicherten werden bei steigenden Beiträgen und wachsender Unzufriedenheit mit der Versorgung hinterfragen, wofür sie eigentlich mehr Geld zahlen“, sagte Klemm. (lb)