FREISBACH. Die Kommunen ersticken an finanziellen Lasten von Bund sowie Ländern und können kaum noch das Nötigste umsetzen. Der spektakuläre Massen-Rücktritt des Bürgermeisters und kompletten Gemeinderates im rheinland-pfälzischen Freisbach aus Protest gegen die Landespolitik könnte der Beginn eines breiten Aufstandes werden.
CDU-Landeschef Christian Baldauf sieht „die Gefahr, daß noch mehr Ehrenamtliche frustriert hinschmeißen“. Der Fraktionschef der Freien Wähler, Joachim Streit, sagt voraus: „Das ist der Anfang eines massiven Schwundes an ehrenamtlichen Kommunalpolitikern.“
„Freisbach könnte kein Einzelfall bleiben“
Und der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz warnte: „Die unzureichende kommunale Finanzausstattung gefährdet die Demokratie. Nicht nur bei den Bürgern steigt der Unmut. Freisbach könnte kein Einzelfall bleiben.“
Genau dazu hatte der parteilose Bürgermeister Peter Gauweiler des 1.100-Einwohner-Ortes aufgerufen, als der 66jährige am Dienstag nach 19 Jahren von seinem ehrenamtlichen Posten zurücktrat: „Mehr als tausend Gemeinden allein in Rheinland-Pfalz haben das gleiche Problem wie wir. Ich hoffe, daß noch viele unserem Beispiel folgen und zeigen, daß man auch als kleines Dorf etwas bewegen kann.“
„Kommunen wird der Hahn zugedreht“
Er erhielt dafür donnernden und stehenden Applaus der Freisbacher, die in großer Anzahl in die örtliche Sporthalle geströmt waren, um dem historischen Schritt beizuwohnen. Gauweilers Stellvertreter Jochen Ricklefs hatte den geschlossenen Rücktritt damit begründet, daß die „Sparvorgaben mich nötigen würden, Ihnen allen die Steuern zu verdoppeln und zu verdreifachen, ohne mehr für Sie zu bewegen. Kommunen wie uns wird immer weiter der Hahn zugedreht und die Luft abgeschnürt“.
Hintergrund sind immer mehr Pflichtaufgaben von Bund und Land, die die Kommunen erfüllen müssen. Hinzu kommen in Rheinland-Pfalz die Neuregelung des Finanzausgleichs und die Vorgabe für einen ausgeglichenen Haushalt. Von 1,2 Millionen Euro Steuereinnahmen bleiben Freisbach nur 120.000 Euro übrig. Allein der dringend nötige neue Kindergarten kostet jedoch bereits 380.000 Euro.
Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), hat sich bisher weder zum Massen-Rücktritt in der Kommune noch zum Finanzproblem der Gemeinden in ihrem Bundesland geäußert. (fh)