STUTTGART. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) muß erneut Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart fürchten. Dies kündigte die Behörde im Zusammenhang mit der sogenannten Briefaffäre gegenüber der dpa an. Die Opposition verdächtigt Strobl, im Untersuchungsausschuß falsch ausgesagt zu haben.
Hintergrund: Ein Polizeiinspekteur steht unter dem Verdacht sexueller Belästigung; inzwischen ist gegen ihn Anklage erhoben worden. Der CDU-Politiker hatte den Brief von dessen Anwalt an einen Journalisten durchgestochen. Ermittlungen gegen den Minister im grün-schwarzen Kabinett wegen der Anstiftung zur verbotenen Mitteilung über Gerichtsverhandlungen wurden gegen Zahlung einer Geldauflage von 15.000 Euro eingestellt.
Der Reporter sagte vor dem Untersuchungsausschuß, Strobl habe auf Quellenschutz bestanden. Der Innenminister hatte das Gegenteil behauptet. Dies erscheint wenig plausibel, weil der 62jährige den Brief sonst in Verbindung mit seinem Namen hätte veröffentlichen können. Darauf bestehen Politiker in der Regel sogar, wenn Journalisten nicht darum gebeten werden, die Quelle geheimzuhalten. Als herauskam, daß er selbst das Schreiben weitergereicht hatte, geriet der Minister unter erheblichen Druck, weil er sich strafbar gemacht haben könnte.
FDP fordert Strobls Rücktritt
Im Zusammenhang mit seiner Aussage vor dem Ausschuß habe man zwar noch kein Ermittlungsverfahren eingeleitet, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Aber: „Wir beobachten die Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses und werden prüfen, ob sich diesbezüglich Anhaltspunkte für eine falsche uneidliche Aussage ergeben.“ Dies werde spätestens mit Abschluß der Beweisaufnahme erfolgen.
Der Untersuchungsausschuß hatte nach Strobls Vernehmung beschlossen, die Staatsanwaltschaft zu informieren und dieser die Protokolle vorzulegen. „Dem Verdacht einer möglichen Falschaussage muß im Interesse des Ausschusses umgehend nachgegangen werden können“, hieß es seinerzeit von der SPD. Die FDP verlangt jetzt vom grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, den Innenminister zu entlassen.
Strobl, der während der Corona-Grundrechtseinschränkungen die Baden-Württemberger aufforderte, Menschen, die gegen die Maßnahmen verstoßen, bei der Polizei zu melden, ist der Schwiegersohn des CDU-Granden Wolfgang Schäuble. Seine Frau Christine ist Programmdirektorin der ARD. (fh)