BERLIN. Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD), hat den Bürgern der östlichen Bundesländer attestiert, noch heute vom DDR-System beeinflußt zu sein. „Die demokratische Praxis des Aushandelns von Kompromissen ist ihnen fremd geblieben“, sagte er am Montag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die Menschen seien 1989 zwar auf die Straße gegangen und hätten die friedliche Revolution damit erst möglich gemacht, doch das autoritäre System habe mitunter Spuren hinterlassen. So engagierten sich Ostdeutsche seltener in Parteien. In vielen Ortsteilen fehlten überdies Bürgermeister. Politische Einstellungen und Haltungen würden oft vererbt und weitergegeben, führte Schneider aus.
Mehrheit der Corona-Proteste nicht extremistisch
Für viele Ostdeutsche sei der Gang auf die Straße das zentrale politische Ausdrucksmittel, wie sich nun bei den Corona-Protesten zeige. Rechtsextremisten versuchten, dies zu instrumentalisieren. Die Mehrheit der Demonstranten sei aber nicht extremistisch.
Die Herangehensweise seines Vorgängers Marco Wanderwitz (CDU), der Ostdeutschen mehrfach ein Demokratieproblem bescheinigt hatte, teil er aber nicht. „Man muß zwar klar sagen, was ist. Es darf aber nicht der Eindruck entstehen, als würde man Leute aufgeben oder beleidigen“, bekräftigte der SPD-Politiker. Der AfD-Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner warf Schneider vor, die „schlechten Traditionen“ seines Vorgängers weiterzuführen. Die Bürgerbeschimpfung müsse aufhören. (zit)