Manchmal sind es die schlichten, derben Worte, die einen scheinbar komplexen Sachverhalt auf den Punkt bringen. Der Zusammenprall des Klimaschützers mit dem Arbeitnehmer ist so ein Beispiel. Seit Tagen blockieren Mitglieder der Initiativen „Essen Retten – Leben Retten“ und „Aufstand der letzten Generation“ in Berlin immer wieder die Stadtautobahn. Damit wollen sie ihrer Forderung nach einem Gesetz gegen Lebensmittelverschwendung und für eine andere Agrarpolitik zur Vermeidung von Treibhausgasen Nachdruck verleihen.
Durch Sitzblockaden und Festkleben auf der Fahrbahn sorgten sie zum Teil für stundenlange Staus. Zu spüren bekamen das vor allem Arbeitnehmer im morgendlichen Berufsverkehr. Wer weiß, wie nervig sich ein Stau auf dem Weg zur Arbeit anfühlt, kann sich vorstellen, wie die Stimmung bei den ausgebremsten Autofahrern in so einem Fall ist.
„Verpißt euch! Ich will zur Arbeit, ihr Pisser! Ick hab` schon keene Kohle wegen Corona“, machte ein Mann seinem Ärger über die Blockade mit deutlichen Worten Luft. Weitere Videos in den sozialen Medien dokumentieren ähnliche Reaktionen. Frustrierte Autofahrer, die wahlweise ihr Kind zum Arzt bringen oder in den Feierabend wollen, zeigen wenig Verständnis für die Aktion.
Bei der arbeitenden Bevölkerung kam die Aktion der Weltuntergangssekte „#LetzteGeneration“ eher mäßig an. #essenrettenlebenretten https://t.co/B1mBnVpOkP
— Тhοmаѕ Νеy (@neythomas) January 30, 2022
Klimaschützer mit Abschluß in Buddhist Studies
Die Kommentarspalten auf Twitter zeigen, daß die Sympathien der Nutzer mehrheitlich auf der Seite der geplagten Autofahrer stehen.
Ironischerweise sind die, die an der Weiterfahrt gehindert werden, die Menschen, die diese hoffentlich „letzte Generation“ durch ihre Steuern und Abgaben mit finanzieren.
— Jürgen (@JuergenAusNRW) January 31, 2022
In dem Zusammenhang war wiederholt der wenig schmeichelhafte Vorwurf gegen die Klimaschützer zu lesen, bei ihnen handele es sich sowieso um Langzeitstudenten, die ihr Geld nicht selbst verdienten. Wenn „Essen Retten – Leben Retten“ nun allerdings Aussagen zur Motivation ihrer Unterstützer veröffentlicht, bestätigt die Gruppierung unfreiwillig selbst das gängige Klischee vom Klimaschützer mit Nischenstudienfach. Beispiel gefällig? „Miriam (29) hat gerade ihren Bachelor in Buddhist Studies abgeschlossen“ und bekennt sich zu ihren „mutigen Schritten“ auf Twitter.
Was motiviert Miriam (29) zu mutigen Schritten für #EssenRettenLebenRetten?
“Ich finde es unfassbar, dass wir genau wissen, was auf uns zukommt, die Möglichkeit hätten es zu verhindern und dennoch weitermachen wie bisher.” pic.twitter.com/C1zqxE4Vpu
— Essen Retten – Leben Retten 🌾 (@AufstandLastGen) January 31, 2022
Besonders ironisch mutet es angesichts der Forderungen der Klimaschützer an, daß von ihren Aktionen auch ein Lieferant für Schulessen betroffen war. „Ich habe hier Schulessen auszuliefern. Das wird jetzt schlecht“, brüllte er einer Blockiererin wütend entgegen.
Plot twist #EssenRettenLebenRetten pic.twitter.com/UtvSR7nXdL
— Bernie Gunther🇪🇺 (@BernieGunther2) January 30, 2022
Unterdessen kündigte die Initiative gegenüber dem Berliner Kurier an, die Blockaden auf weitere Städte in Deutschland ausweiten zu wollen. Demnach müssen sich Autofahrer in ganz Deutschland in den folgenden Tagen darauf einstellen, daß der Weg zur Arbeit länger dauert, wenn Studenten sich auf die Straße setzen.