Kommt er oder kommt er nicht? Die Frage, was bei einem Blackout eigentlich passiert, treibt im Moment wohl fast jeden in Deutschland um. Krankenhäuser, Landkreise, Unternehmen und viele Bürger bereiten sich auf den schlimmsten Fall vor. Doch was passiert eigentlich mit den rund 45.000 Gefangenen in den Häftlingsanstalten?
Dieser Frage ging nun der Berliner Abgeordnete Marc Vallendar (AfD) nach. Die Antworten, die er vom rot-grün-roten Senat bekam und die der JUNGEN FREIHEIT vorliegen, lassen aufhorchen. So verfügen die Justizvollzugsanstalten in der Hauptstadt im Maximalfall über eine hundertstündige Notstromversorgung. Heißt: Nach knapp vier Tagen sitzen Häftlinge und Wärter, sofern diese dann noch auf der Arbeit erscheinen, im Dunkeln.
Senat setzt auf das Prinzip Hoffnung
Die Zimmer der Häftlinge gehen dann allerdings nicht von allein auf, denn in keinem Berliner Gefängnis gibt es „elektronische Haftraumschließungen“. Völlig von der Notstromversorgung abhängig sind dagegen Trinkwasserversorgung und medizinische Betreuung der Inhaftierten. Bei den Lebensmitteln reichen die Vorräte knapp eine Woche. Und dann? Geht das Essen aus, „sind externe Versorgungsunternehmen zur Not- und Mitversorgung vertraglich verpflichtet worden“, versucht die Berliner Landesregierung zu beruhigen. Doch können die Unternehmen das im Falle eines Blackouts überhaupt? Erscheinen die Mitarbeiter dann noch? Der Senat setzt hier wohl vor allem auf das Prinzip Hoffnung.
Immerhin ist klar, daß bei ausbleibender Stromversorgung irgendwann der Paragraph 455a der Strafprozeßordnung greift. In dem heißt es im komplizierten Juristendeutsch im ersten Absatz:
Die Vollstreckungsbehörde kann die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder einer freiheitsentziehenden Maßregel der Besserung und Sicherung aufschieben oder ohne Einwilligung des Gefangenen unterbrechen, wenn dies aus Gründen der Vollzugsorganisation erforderlich ist und überwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit nicht entgegenstehen.
Vallender attackiert Senat
Können die Gefangenen nicht mehr versorgt werden, wäre die „Vollzugsorganisation“ wohl nicht mehr gewährleistet und die Straftäter müßten, auch gegen ihren Willen, freigelassen werden. Und das in einer Situation, in der die Sicherheitsbehörden bereits am Limit arbeiten würden. Vielen Bürgern dürfte der Gedanke, daß in einer solchen Krise auch noch Mörder, Schläger und Vergewaltiger aus den Anstalten entlassen werden, beunruhigen. Zumal viele die Polizei nicht mehr rufen können, wenn der Akku des Mobiltelefons erstmal den Geist aufgeben hat.
Der AfD-Abgeordnete Vallendar zeigte sich von den Antworten der Landesregierung entsetzt. „Daß nach spätestens vier Tagen Blackout in großem Maße Gefangene auf freien Fuß gesetzt werden müßten, ist selbst für Berliner Verhältnisse irre.“ Wenn der Senat nicht umgehend Vorsorge treffe, damit die Gefängnisse auch längere Blackouts überstehen, „handelt er vollkommen verantwortungslos“, kritisiert Vallendar.