BERLIN. Der Kanzlerkandidat der SPD, Olaf Scholz, hat Forderungen aus der Union nach Steuererleichterungen für Unternehmen strikt abgelehnt. Dabei handle es sich um einen „absurden Einfall“, sagte der Bundesfinanzminister laut der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag beim „Zukunftscamp“ seiner Partei in Berlin.
Der Staat werde wegen der Corona-Krise 400 Milliarden Euro Schulden aufnehmen müssen. Außerdem seien Unternehmen mit zig Milliarden Euro unterstützt und ihnen rund 100 Milliarden Euro Steuererleichterungen ermöglicht worden. „Das ist in dieser Welt ein absurder Einfall der Führung der CDU/CSU zu sagen: Diese Leute brauchen jetzt erst noch mal eine Steuersenkung.“
Dies sei ein Fehler, der nicht einmal der Konservativen Partei in Großbritannien einfalle, die gerade Steuererhöhungen beschlossen hätte. „Wir haben merkwürdige Konservative, weit hinter der Zeit“, kritisierte Scholz. Die Krise hätten sie nicht verstanden.
„Es beginnt etwas Neues“
Kritik äußerte der Spitzenkandidat auch an den Grünen. „Die haben vielleicht viele Ideen“, diese seien aber nicht zu Ende „und an der Lebensrealität der meisten Bürgerinnen und Bürger schlicht vorbei gedacht“. Als Beispiel nannte er die Pläne für die CO2-Bepreisung. „Alles über Preise regeln zu wollen, ist vielleicht nicht ganz zu Ende gedacht.“
Für die Bundestagswahl rechnete sich der Sozialdemokrat trotz der niedrigen Umfragewerte gute Chancen aus. Die SPD wolle eine neue Regierung führen. Nach 16 Jahren trete Angela Merkel (CDU) als Kanzlerin ab. „Es beginnt etwas Neues. Wir haben jetzt die Chance, neue Perspektiven zu eröffnen.“
Benzinpreis-Bemerkungt sorgt für Sturm der Entrüstung
Wenige Stunden nach diesen optimistischen Äußerungen erntete Scholz einen Sturm der Entrüstung in den sozialen Medien. Anlaß dafür war ein Video-Interview mit der Bild-Zeitung. Auf die Frage, ob er selbst tanken gehe, antwortete der Spitzenpolitiker: „Ich gehe selbst nicht tanken. Ich darf nämlich in Wahrheit gar nicht – oder ich darf schon, aber ich richte mich an die Empfehlung, aus Sicherheitsgründen, nicht selbst mein Auto zu fahren. Und das ist auch eines, das ich nur schwer bewegen könnte, weil es auch ganz besonders schwer ist.“
⛽️ @OlafScholz weiß nicht genau, wo die Benzinpreise liegen. Seine Begründung bei #DieRichtigenFragen: „Ich gehe nicht selbst tanken!“ #BILDLive pic.twitter.com/NfsYSHRLKT
— BILD (@BILD) June 21, 2021
Dann fragte der Moderator nach dem Benzinpreis. Scholz: „Ich weiß nicht immer ganz konkret, wo die Benzinpreise sind, weil ich ja nicht jeden Tag darauf gucke. Und ich hab ja auch ein ganz ordentliches Einkommen, deshalb gehöre ich ja nicht zu den Leuten, die jetzt immer auf den letzten, die also ganz genau bei jedem Preis hingucken. Da könnte ich ihnen auch nicht viele Preise konkret sagen.“
Viele werteten das als Zeichen der Abgehobenheit und Arroganz von Politikern. „Genau da liegt das ganze Problem. Leute treffen Entscheidungen, deren Auswirkungen sie nicht betreffen und von deren Tragweite sie sich nicht einmal eine ungefähre Vorstellung machen können“, schrieb ein Twitter-Nutzer mit Blick auf die Zusammensetzung der Spritpreise, die sich zum größten Teil aus Steuern und Abgaben zusammensetzen.
"Ich hab ein ganz ordentliches Einkommen, deshalb gehöre ich nicht zu den Leuten, die ganz genau bei jedem Preis hingucken." #SPD-Kanzlerkandidat @OlafScholz stellt selbst einmal mehr die Arroganz der politischen Kaste unter Beweis. #Benzinpreis #Scholzhttps://t.co/TROeKyCP5U pic.twitter.com/gDAUvLO1II
— Alice Weidel (@Alice_Weidel) June 21, 2021
Der #Kanzlerkandidat der #SPD Olaf #Scholz lässt tanken und weiss nicht, wie viel ein Liter Benzin ⛽️ kostet und schaut auch sonst nicht auf Preise. Man hat ja „ganz ordentliches Gehalt“. Ob sich da der #SPD-Wähler angesprochen fühlt? 🤔#Benzinpreis https://t.co/DUnwrnkg6Y
— Gerald Ullrich MdB (@G_UllrichFDP) June 21, 2021
AfD-Bundestagsfraktionschefin Alice Weidel twitterte: „SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz stellt selbst einmal mehr die Arroganz der politischen Kaste unter Beweis.“ Der FDP-Bundestagsabgeordnete Gerald Ullrich ergänzte die Frage: „Ob sich da der SPD-Wähler angesprochen fühlt?“ (ls)