BERLIN. Der Linken-Bezirksverordnete Sören Benn ist mit den Stimmen der AfD zum Bürgermeister des Berliner Stadtteils Pankow gewählt worden. „Sören Benn wurde mit unseren Stimmen zum Bürgermeister gewählt“, unterstrich die AfD-Kommunalfraktion gegenüber der Berliner Zeitung nach der Wahl am Donnerstag.
Benn wurde am Donnerstag bei 24 „Nein“-Stimmen mit 29 „Ja“-Stimmen und zwei Enthaltungen zum Bürgermeister gewählt. Damit setzte die Linkspartei ihren Kandidaten gegen die Grünen durch, die als stärkste Kraft aus den Berliner Bezirksverordneten-Wahlen am 26. September hervorgingen. Bisher wurde der Pankower Bürgermeister immer von der Partei gestellt, die die meisten Stimmen erhielt.
FDP und CDU: „Wir haben Benn nicht gewählt“
Vor der Wahl hatten SPD und Linke die Verhandlungen zur Bildung einer Zählgemeinschaft mit den Grünen aufgekündigt. „Das grüne Personal konnte keine klaren politischen Prioritäten für den Bezirk Pankow formulieren“, begründeten die beiden Parteien ihre Entscheidung. Versuche der Grünen, danach ein Bündnis mit CDU und FDP zu schmieden, scheiterten an inhaltlichen Differenzen.
FDP und CDU schlossen eine Wahl des Linken-Bezirksvorstehers durch ihre Verordneten aus. „Von uns kamen keine Stimmen für Benn“, kommentierte der Fraktionsvorsitzende der Liberalen im Bezirksparlament, Thomas Enge, das Wahlergebnis. Auch die Fraktionsvorsitzende der Pankower CDU, Denise Bittner, verneinte Stimmen aus ihren Reihen für Benn. „Sören Benn unterstützen wir nicht.“
Linkspartei-Pankow weist Darstellung der AfD empört zurück
Der frisch gewählte Benn wies die Erklärung der AfD-Fraktion scharf zurück: „Warum sollte eine rechte Partei einen Linken zum Bürgermeister wählen?“ Seine Wahl sei das Ergebnis guter Arbeit. Er selbst habe damit gerechnet, daß die Verordneten nicht auf das Parteibuch, sondern auf seine Leistungen schauten.
Wir gehen davon aus, dass die Wahl von Sören Benn zum Bezirksbürgermeister von Pankow mit Unterstützung von Einzelverordneten aus dem demokratischen Lager erfolgt ist, die nicht auf das Parteibuch, sondern auf seine persönliche Bilanz und Amtsführung geschaut haben. (1/3)
— DIE LINKE.Pankow (@LinkePankow) November 4, 2021
Auch die Pankower Linkspartei widersprach der Darstellung der AfD. Es spreche rein gar nichts dafür, daß eine Partei, die Faschisten in ihren Reihen habe, einen „demokratischen Linksaußen“ wie Benn politisch unterstütze.
AfD-Politiker: „So etwas habe ich in 30 Jahren Politik noch nie erlebt“
Die AfD zeigte sich verwundert über das „merkwürdige Demokratieverständnis“ der Linkspartei. Deren Bezirksverordneter Daniel Krüger gab an, ebenfalls für Benn gestimmt zu haben. „Wir haben politisch unterschiedliche Positionen, aber wir brauchen eine funktionsfähige Verwaltung und es muß ja irgendwie weitergehen.“ Trotzdem habe er es in 30 Jahren als Kommunalpolitiker noch nie erlebt, daß jemand zum Bürgermeister gewählt werde, ohne eine wirkliche Mehrheit hinter sich zu haben.
Politiker, die mit Stimmen der AfD in Ämter kommen, sorgten in der Vergangenheit für Furore. 2019 mußte der Ministerpräsident von Thüringen, Thomas Kemmerich (FDP), seinen Posten räumen, weil auch die rechtskonservative Partei für ihn gestimmt hatte. (fw)