BRÜSSEL. Bundeskanzlerin Merkel hat US-Präsident Donald Trumps Vorwurf der politischen Abhängigkeit von Rußland zurückgewiesen. Deutschland könne „eigenständige Politik machen und eigenständige Entscheidungen fällen“, sagte Merkel bei ihrer Ankunft beim Nato-Gipfel in Brüssel.
Zuvor hatte Trump Deutschland vorgeworfen, wegen seiner hohen Abhängigkeit von russischem Gas unter „totaler Kontrolle“ Moskaus zu stehen. Trump kritisierte damit den Bau einer weiteren Gaspipeline zwischen Vyborg und Greifswald bei einem Treffen mit Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, berichtet die Welt.
Trump fordert höheren Wehretat
Deutschland sei ein „Gefangener Rußlands“, da es mindestens 60 Prozent seiner Energie von dort erhalte. Die Bundesrepublik bezog 2016 laut der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe etwa ein Viertel der verbrauchten Energie aus Russland und Kasachstan.
15 Prozent der Primärenergie kam aus russischem und kasachischem Erdöl. Sieben Prozent wurden aus russischem Erdgas produziert. Drei Prozent wurde aus russischer und kasachischer Steinkohle gewonnen.
Außerdem gebe die Bundesrepublik nicht genug für Verteidigung aus, kritisierte der Präsident. Deutschland zahle Milliarden für Gas an Rußland, lasse sich aber gleichzeitig von der Nato verteidigen, sagte der US-Präsident vor Beginn des zweitägigen Nato-Gipfels in Brüssel.
Bundesbürger stimmen gegen Wehretat-Erhöhungen
Trump forderte erneut von allen Nato-Staaten und speziell von Deutschland die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu erhöhen. „Deutschland zahlt ein Prozent, die USA zahlen vier Prozent. Und Europa profitiert von der Nato weitaus mehr als die USA.“
Die Mehrheit der Bundesbürger ist allerdings gegen eine Erhöhung der Wehrausgaben. Dies hat eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov ergeben. Nur 15 Prozent der Bundesbürger seien für eine Erhöhung über die 1,5 Prozentmarke bis 2024. Diese Ziel hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor dem Gipfel der 29 Nato-Mitglieder zugesagt. Derzeit gibt Deutschland etwa 1,2 Prozent aus.
Deutschland erhöhte Ausgaben
Knapp jeder Vierte hielt die Zahlungen für angemessen. Mehr als ein Drittel sprach sich für einen geringen Anteil Deutschlands aus.
Die Nato-Staaten hatten sich 2002 in Prag das Ziel gesetzt, je zwei Prozent des BIP in die Verteidigung zu investieren. Deutschland müßte dann etwa 70 Milliarden Euro in die Bundeswehr stecken. 2014 hatten alle Mitglieder des Verteidigungsbündnisses dieses Ziel erneut bekräftigt. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte jüngst das Bundeswehrbudget für 2019 auf 42,9 Milliarden Euro erhöht. (mp)