BERLIN. Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat sich auf eine stärkere Demokratieerziehung in Schulen geeinigt. Dazu sollen Schüler künftig unter anderem einen positiven Vermerk im Zeugnis für „bürgerschaftliches Engagement“ erhalten. „Demokratie braucht überzeugte und engagierte Demokratinnen und Demokraten. Daraus leitet sich ein konkreter Bildungsauftrag für die Schulen ab. Schule ist die einzige gesellschaftliche Institution, in der wir alle Kinder und Jugendlichen erreichen können“, sagte der Thüringer Kultusminister und KMK-Präsident Helmut Holter (Linkspartei).
Schule sei nicht nur ein „Ort der demokratischen Wissensvermittlung, sondern insbesondere auch demokratischer Erfahrungsraum“. Die KMK sehe es als wichtige gesellschaftliche Aufgabe an, Lehrer in ihrem „Bemühen zur Demokratiebildung, der Erziehung zu Menschenrechten und im Eintreten für Toleranz, Respekt und Mitmenschlichkeit im Sinne des Grundgesetzes“ zu unterstützen, begründete das ehemalige SED-Mitglied den Vorstoß.
Das Dokument „Empfehlungen zur Demokratie und Menschenrechtsbildung in der Schule“ war vergangene Woche auf einer Tagung der KMK in Berlin vorgestellt worden. Es basiert auf einer Empfehlung mit dem Titel „Stärkung der Demokratieerziehung“ von 2009. Damals ging es vor allem um die stärkere Beteiligung von Schülern im Schulalltag. Das neue Dokument geht jedoch weiter: Schüler sollen „den gesellschaftlichen Zusammenhalt“ aktiv stärken und zu „Verantwortung in Staat und Gesellschaft“ ermutigt werden.
„Es soll auf eine gewisse Gesinnung hingewirkt werden“
Nun stößt das Papier auf Kritik. „Trotz aller Lippenbekenntnisse zur Demokratie und Beutelsbacher Konsens weht aus dem Dokument ein antidemokratischer Geist und es soll ja offenbar auf eine gewisse Gesinnung hingewirkt werden“, sagte der bildungspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, Götz Frömming, der JUNGEN FREIHEIT. Der Beutelsbacher Konsens von 1976 legte die Grundsätze für die politische Bildung fest: Indoktrinationsverbot, Gebot der Kontroversität und Schülerorientierung.
Bislang sei das Bewerten von außerschulischen Aktivitäten nicht üblich, stellte der frühere Gymnasiallehrer klar. Vermerkt werde nur innerschulisches Engagement, etwa in Schul-AGs. „Externe Betätigungen in bestimmten Vereinen hier besonders zu bewerten, ist äußert problematisch, zumal man gerne wissen möchte, welche es denn sind.“ Frömming warnte vor Positivlisten, bei denen bestimmte Vereine ausgeschlossen sein könnten. „Unterm Strich kann man sagen, ist das ein unausgegorener Vorschlag, der hier vom Wasserkopf der KMK ersonnen worden ist und an den Schulen eher Schwierigkeiten bereiten würde in der Umsetzung.“
Ähnlich sieht das auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE), der rund 165.000 Pädagogen vertritt. Der Vorstoß, bürgerschaftliches Engagement auf dem Zeugnis zu belohnen, bedürfte „der weiteren Konkretisierung durch die Länder, beispielsweise durch die Erstellung eines Kriterienkatalogs oder eines Verzeichnisses, welche Vereine und Verbände entsprechende Nachweise ausstellen können“, sagte VBE-Präsident Udo Beckmann der JF. (ls)