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Streit um Nationalität: Keine ausländischen Neukunden: Tafel-Bundeschef hat Verständnis

Streit um Nationalität: Keine ausländischen Neukunden: Tafel-Bundeschef hat Verständnis

Streit um Nationalität: Keine ausländischen Neukunden: Tafel-Bundeschef hat Verständnis

Berliner Tafel
Berliner Tafel
Berliner Tafel: Essens Chef verteidigt den Beschluß Foto: dpa
Streit um Nationalität
 

Keine ausländischen Neukunden: Tafel-Bundeschef hat Verständnis

Der Bundesvorsitzende der Tafel hat Verständnis für die Entscheidung des Essener Ortsvereins gezeigt, nur noch Deutsche als Neukunden anzunehmen. Der Schritt der Kollegen sei vielleicht aus Hilflosigkeit und Überforderung erfolgt. Zuvor hatte der Chef der Essener Tafel die Entscheidung gerechtfertigt. Er werde den Beschluß nicht zurückziehen. „Ich ein Realist. Ich streichele die Sache nicht gesund.“
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ESSEN. Der Bundesvorsitzende der Tafel, Jochen Brühl, hat Verständnis für die Entscheidung der Essener Tafel gezeigt, nur noch Deutsche als Neukunden anzunehmen. Der Schritt der Essener Kollegen sei „nicht der richtige Weg“, er erfolge aber vielleicht aus Hilflosigkeit und Überforderung, sagte Brühl im ARD-„Morgenmagazin“. Er wolle dem Essener Ortsverein als Vorsitzender des Bundesverbandes keine Vorschriften machen. Eine Ansage nach dem Motto „so und so muß es sein“ halte er für falsch. „Dennoch steht die Not der Menschen im Vordergrund, auf keinen Fall die Herkunft“.

Der Bundesvorsitzende empfehle ein Gespräch zwischen der Stadt Essen und den Sozialverbänden. Das Grundproblem sei in der Politik und der Gesellschaft zu verorten. Deshalb solle es auch dort gelöst werden. „Es gibt einen Bruch in der Gesellschaft, viele Menschen fühlen sich abgehängt“, betonte Brühl.

Vorsitzender der Essener Tafel rechtfertigt die Entscheidung

Zuvor hatte der Vorsitzende der Essener Tafel, Jörg Sartor, die Entscheidung verteidigt. Er halte den Beschluß noch immer für richtig, versicherte Sartor dem Onlineportal t-online. „Im Moment macht mir Berlin die Hölle heiß, der Bundesverband. Ich soll das zurücknehmen, wegen der Sponsoren und so. Die können mich mal gern haben. Das ist ein Vorstandsbeschluß aus dem Dezember, nachdem wir lange Monate drüber geredet haben.“ Er sei ein Realist, betonte der 61jährige. „Ich streichele die Sache nicht gesund.“ Niemand hätte gesagt „Ausländer raus“, sondern „wir haben gesagt, wir haben keine weiteren Plätze im Moment für Ausländer. Im Moment, nur im Moment.“

„Wir hatten die gleichen Probleme“, pflichtete ihm Manfred Baasner von der Wattenscheider Tafel bei. Menschen anderer Nationalitäten hätten sich dort aufgeführt, als wären sie mehr „wert“ als Deutsche, sagte er. Menschen, die aus anderen Kulturen kommen, hätten eine andere Denkweise als Deutsche.

„Die sagen: ‚Ich bin jetzt hier, gib, gib, gib‘. In deren Augen sind wir minderwertig.“ Auch Aufforderungen wie „du mußt“ seien häufig zu vernehmen gewesen. Zur Lösung des Problems habe man „die alten Menschen bei der Ausgabe bevorzugt“. Sie hätten eine halbe Stunde Vorzug erhalten. Das habe funktioniert, stellte Baasner fest.

Heftige Kritik kommt von anderen Tafeln

Zuvor hatten andere Ortsvereine der Tafel heftige Kritik geäußert. „Wir erfassen keine Nationalitäten, wir erfassen Bedürftigkeit“, versicherte die Sprecherin der Berliner Tafel, Antje Trölsch. Für die Berliner Tafel gebe es keine Bedürftigen erster oder zweiter Klasse. „Wir orientieren unser Handeln an der Mitmenschlichkeit und spielen die Bedürftigkeit der vielen Menschen in Berlin nicht gegeneinander aus.“

Die Trennung nach deutschem oder nicht-deutschem Paß sei sehr sehr ungünstig und widerspreche dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, bemängelte Inka Jatta von Pro Asyl. Sie könne zwar nachvollziehen, daß die Arbeit immer schwieriger werde, plädiere aber dafür, diejenigen auszuschließen, die Probleme bereiteten.

Chebli läuft es „eiskalt den Rücken runter“

„Mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Essen nur für Deutsche. Migranten ausgeschlossen“, twitterte die Berliner Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales, Sawsan Chebli. Andere Nutzer bezichtigten sie daraufhin der bewußten Lüge. Es würden lediglich keine ausländischen Neukunden mehr aufgenommen werden. Noch immer sei der Großteil der Besucher nicht-deutscher Herkunft.

Hintergrund der Debatte ist die Entscheidung der Essener Tafel, nur noch Deutsche als Neukunden aufzunehmen. Da Asylbewerber und Zuwanderer zwischenzeitlich 75 Prozent der Besucher ausmachten, habe sich der Verein zu diesem Schritt entschlossen, hatte Sartor die Maßnahme begründet. „Wir wollen, daß auch die deutsche Oma weiter zu uns kommt.“ In den vergangenen zwei Jahren seien die älteren Tafel-Nutzerinnen und alleinerziehenden Mütter einem schleichenden Verdrängungsprozeß zum Opfer gefallen. (ha)

Berliner Tafel: Essens Chef verteidigt den Beschluß Foto: dpa
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